Mein Hamburg: Brigitte Engler

Was lieben die HamburgerInnen an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Brigitte Engler, Geschäftsführerin des City Managements Hamburg

Für Brigitte Engler ist es ein Traumjob: Als City Managerin in der Hamburger Innenstadt organisiert sie die Zusammenarbeit zwischen dem Einzelhandel, den Dienstleistern und Immobilienbesitzern mit über 800 Partnern, dem Hamburger Senat und den einzelnen städtischen Behörden. Aus dem 5000-Einwohner-Dorf Laer zog sie erst nach Münster und kam dann an die Elbe. Sechzehn Jahre arbeitete die Mutter zweier Kinder bei  Peek&Cloppenburg auf unterschiedlichen Positionen, studierte parallel Betriebswirtschaft, bevor sie 2006 die Geschäftsführung des City Managements übernahm.

Die Belange des Einzelhandels im Hinterkopf: Wie blicken Sie auf Hamburg?

Liebevoll. Für mich ist Hamburg eine unfassbar schöne Stadt. Wenn man die Mönckebergstraße Richtung Rathaus herunterläuft, dann die Sonne gerade richtig steht und man auf den Rathausmarkt schaut, dann ist das ein Herzöffner. Ich habe mich hier, auch von meinem Naturell her, vom ersten Moment an wohlgefühlt. Ich mag den Menschenschlag mit seiner Klarheit. Und ich freue mich, dass wir zunehmend internationale und nationale Gäste haben, dass wir weltoffen sind. Nirgendwo sonst in Hamburg kommen so viele unterschiedliche Menschen zusammen wie in der Innenstadt: Touristen, Hamburger, Einkäufer, Menschen auf dem Weg zur Arbeit, Jugendliche die sich treffen und natürlich Menschen, die auf der Straße leben.

Was braucht es, damit eine Innenstadt attraktiv ist?

Es erfordert viel Fingerspitzengefühl und auch viele Investitionen. Die Anforderungen der Kunden an ein Quartier haben sich komplett geändert. Heute wird das Einkaufsverhalten dadurch bestimmt, dass wir an 24 Stunden an sieben Tagen der Woche einkaufen und ganz bequem vom Sofa aus alle Kleider miteinander vergleichen können. Wenn sich dieser Kunde, viel informierter, kritischer und preissensibler als früher, auf den Weg in die Innenstadt macht, sind Atmosphäre und gastronomische Möglichkeiten wichtig.

Wie steht es um die HafenCity? Mit ihr ist ja der Wirkungskreis des City Managements gewachsen.

Die Verkaufsflächen, auch in der Kerncity, nehmen zu und sind auch noch nicht alle vermietet. Die Flächenerweiterung, speziell durch das südliche Überseequartier, für das am 22. Mai Grundsteinlegung ist, sorgt für Unruhe, denn einiges wird sich in andere Bereiche der erweiterten Innenstadt verlagern. Aber ich hoffe, dass wir gut mit- und nebeneinander existieren können. Inzwischen bin ich ja über die vielen Menschen am Wochenende in der HafenCity fasziniert.

In der Diskussion sind auch oft die Veranstaltungen in der Innenstadt?

Wir haben einige wunderbare Veranstaltungen, von denen ich gerne noch mehr hätte. Der Verein Lebendiger Jungfernstieg bietet im Sommer vier Abende lang bei freiem Eintritt eine Open Air-Musikbühne am Jungfernstieg mit kleinen, aber feinen Gastronomieständen. Es gibt das Binnenalster-Filmfest, das wir zusammen mit Filmfest Hamburg organisieren. Ein Höhepunkt dabei ist die Liveübertragung der Spielzeiteröffnung der Staatsoper Hamburg. Im letzten Jahr hatten wir an den Abenden jeweils 3500 Gäste am Jungfernstieg. Die friedliche Stimmung bei so einer Kulturveranstaltung im öffentlichen Raum und der Blick auf die Kulisse mit den beleuchteten Gebäuden am Ballindamm und auf das angestrahlte Hotel Vier Jaheszeiten öffnet einem das Herz. Auch gibt es unsere schönen Märchenschiffe und die Weihnachtsmärkte.

 

Das Weinfest gehörte wohl nicht dazu?

Ich hätte es gern behalten. Es gab über die Jahre berechtigte Kritik, aber es gab auch sehr deutliche Qualitätsverbesserung der Stände und der Gastronomie. Viele Mitarbeiter in der Innenstadt haben es am Abend als Treffpunkt genutzt. Und alles, was Hamburger in die Stadt zieht, kann ich nur gut finden. Wir haben in den vergangenen Jahren sehr an der Qualität der Veranstaltungen gearbeitet. Vieles ist auch deshalb geglückt, weil der Bezirk Hamburg Mitte die Plätze immer wieder neu ausschreibt. Da muss man sich auch als bestehender Weihnachtsmarktbetreiber alle fünf Jahre neu bewerben. Das motiviert, über Qualitätssteigerungen nachzudenken. Inzwischen sind wir auf einem Niveau, mit dem wir uns sehen lassen können.

 Wie läuft es denn mit der Finanzierung?

Dafür muss ich Partner gewinnen, denen Kultur am Herzen liegt und die dann entweder auf der Veranstaltungsfläche sichtbar sein wollen oder mit der Veranstaltung werben können. Das City Management ist ja ein privatwirtschaftlicher Zusammenschluss von vielen Unternehmen und Verbänden. Unsere Finanzausstattung ist nicht so, dass wir neben dem üblichen Programm von Märchenschiffen, verkaufsoffenen Sonntagen sowie der Online- und Printbewerbung der Hamburger Innenstadt ohne Weiteres Veranstaltungen finanzieren könnten. Es geht immer darum, Begeisterung zu wecken.

Sie haben lange Zeit im Einzelhandel gearbeitet und dann neben dem Job Betriebswirtschaft studiert, bevor Sie ins City Management wechselten. Was hat Sie motiviert?

Mit dem Studium an der HWP habe ich mir einen lang gehegten Wunsch erfüllt. Das war möglich, weil ich das große Glück hatte, dass mein Arbeitgeber Peek& Cloppenburg mir einen Jahrearbeitszeitvertrag anbot. Aber es war schon eine Herausforderung, das Leben so zu jonglieren. Damals waren meine beiden Kinder noch klein. Meine Ehe hatte leider nicht gehalten, aber wir sind in gutem Kontakt miteinander sehr aktiv Eltern geblieben. Ich habe zu der Zeit überlegt, wo es hingehen soll, habe in dem Jahr ein kleines Haus gekauft, bin mit den beiden kleinen Kindern umgezogen und habe mit Freunden ganz viel selber renoviert. Meine Familie kam vom Land angereist und hat geholfen. Das war ganz hinreißend. Es war einfach eine tolle Zeit. Ich hatte damals so viel Energie, dass ich mich heute frage, wie ich das eigentlich bewältigt habe.

Sie sind auf dem Land aufgewachsen, vermissen Sie dieses Umfeld?

Ich habe mir in Hamburg eine Struktur geschaffen, die ans Dorf erinnert. Ich lebe in Marienthal in einem Umfeld mit kleinen Häusern und Gärten. Ich bin sehr erdverbunden. Es gibt Dinge, die für mich wichtig sind, die ich vielleicht vom Land mitgebracht habe, wie Zuverlässigkeit, Kontakt halten, für andere da sein. Ich will nicht sagen, dass es das in der Stadt nicht gibt, aber auf jeden Fall im Dorf und das war prägend für mich.

Wie sehen Sie die Zukunft der Innenstadt?

Es befindet sich vieles im Umbruch. Die Hamburger Innenstadt steht im Vergleich zu anderen Metropolen gut da, aber wir müssen uns trotzdem sehr anstrengen. Wir müssen mehr darauf achten, dass die Atmosphäre stimmt. Wir schauen zum Beispiel noch kritischer darauf, dass die Mülleimer nicht überquellen. Aber wir müssen auch gemeinschaftlich dafür sorgen, dass in der Innenstadt mehr stattfindet, als einzukaufen. Wir müssen noch mehr an Gastronomie denken und die kulturellen Aspekte in den Fokus nehmen, etwa verstärkt Kunst im öffentlichen Raum entwickeln. Ich wünschte mir, dass wir zum Beispiel kurzfristiger mit kleineren Veranstaltungen Menschen überraschen können. Dafür müsste allerdings das Antragsverfahren erleichtert werden.

 

Gibt es denn dafür schon konkrete Pläne?

Wenn wir unsere Kunden befragen, wie sie in die Innenstadt gekommen sind und wie sie auf Veranstaltungen aufmerksam wurden – das machen wir ja regelmäßig –, dann nehmen wir wahr, dass viele Menschen mit dem ÖPNV kommen. Je jünger ein Kunde ist, um so weniger ist Autofahren ein Thema. Da schaut man schon, wie der Verkehr im Innenstadtbereich den Bedürfnissen der Kunden angepasst werden kann. Vor diesem Hintergrund ist der Ausbau der Velorouten um die Binnenalster ein wichtiger Schritt. Oder: 2006 gab es erstmalig ein Business Improvement District (BID) für den Neuen Wall. Andere Quartiere sind diesem Beispiel gefolgt.

Was steht außerdem an?

Um die Attraktivität zu erhöhen, haben die Grundeigentümer in den vergangenen 10 Jahren vierzig Millionen Euro in den öffentlichen Raum der Innenstadt investiert. Davon profitieren wir heute ungemein. Aber es gibt auch noch zu tun.  Zeigen Sie mir heute einen Hamburger, der am Abend sagt, Schatz, wir gehen einmal um die Binnenalster bummeln. Da ist es im Moment noch nicht einladend genug, die Gehwege sind zu schmal, die Bäume werden nicht angestrahlt. Durch das BID Ballindamm wird dieser Bereich in den nächsten Jahren attraktiv entwickelt. Das Einzelhandelsangebot in der Innenstadt kann sich absolut sehen lassen. Wir haben die richtige Auswahl für jeden Geldbeutel. Aber es wird immer wichtiger, die kleinen traditionellen und inhabergeführten Geschäfte hervor zu heben. Es gibt nämlich, so hat eine Befragung Ende der Weihnachtszeit ergeben, eine Renaissance: Die Kunden suchen gerade wieder genau solche Perlen, von denen es in unserem Quartier noch mehr als 180 gibt. Darauf sind wir sehr stolz.

Welche Wünsche haben Sie für die City?

Die Entzerrung von Baumaßnahmen. Dass wir weiter gemeinschaftlich an den Themen Sauberkeit und Sicherheit arbeiten. Dass unsere Maßnahmen dazu führen, dass die Hamburger ihre Innenstadt wieder mehr aufsuchen und lieben lernen. Und dass der Senat alles tut, um die Innenstadt zu hegen und zu pflegen. Denn sie hat eine Imagewirkung für Hamburg. Jeder Hamburger trägt sie ein Stück weit im Herzen.

Wohin lockt es Sie in Hamburg als Privatperson?

Nach fünf bis sechs Tagen in der Innenstadt, bin ich gern auch mal zu Hause, jogge im Wandsbeker Gehölz, singe mit den Damen vom Likör-Chor oder treffe mich mit meinen Kindern und Freunden.

Haben Sie ein Lebensmotto, Lieblingszitat, Lieblingsschnack?

Auf mich passt sehr gut: „Man kann keine neuen Ozeane entdecken, hat man nicht den Mut, die Küste aus den Augen zu verlieren.“ Schon mit meinem ersten Taschengeld habe ich Reisen unternommen. Und mich zieht es immer noch in die weite Welt. Dabei probiere ich auch gerne Neues aus. Erst vor zwei Jahren habe ich auf einer Reise das Tauchen gelernt.

 

Mehr von Brigitte Engler gibt es regelmäßig in ihrer beliebten Kolumne „Das Innenstadtgespräch“ in dem von uns geschätzten Print-Magazin HANSEstyle – alles rund um Mode, Kultur und Genuss in Hamburg.

 

 

 

Autorin:  Herdis Pabst
Titelfoto: Brigitte Engler © City Management Hamburg
Foto: Binnenalster © HAMBURGschnackt.de
Foto: Brigitte Engler beim Immobilienforum © City Management Hamburg
Foto: Brigitte Engler © Marius Engels für HANSEstyle / City Management Hamburg

13. März 2019 von Redaktion

Kategorien: Hamburg berät, Mein Hamburg, Unternehmenslust

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