Impromptue

Improvisationstheater: Der Augenblick zählt

Beim Impro-Theater konzentrieren sich die Schauspieler aufeinander und den Moment – sehr zur Freude des Publikums.

Sie stehen auf der Bühne vor dem erwartungsvollen Publikum. Aber sie haben keinen Text gelernt. Es gibt kein Bühnenbild, keine Kostüme, keine Handlungsanweisungen. Auch Regisseur und Souffleuse fehlen. Was für viele wie ein Alptraum klingt, ist für die Schauspieler vom Improvisationstheater täglich Brot.

In Hamburg existiert eine lebendige Szene der Stegreif-Bühnenkunst. Die Bandbreite reicht von der Amateurgruppe bis zum professionellen Ensemble, von Kleinkunst bis zum dramatischen Schauspiel. Eines ist allen gemein: die Lust an der Spontaneität und der Unvorhersehbarkeit des Geschehens.

Die Mitglieder von Impromptü sind Laiendarsteller, von Beruf Lehrer, Programmierer oder Theaterpädagogin und haben das Improvisieren in Workshops verfeinert.

Beim Impro-Theater steht gemeinsames Arbeiten im Mittelpunkt

Klaus Friese, der die Auftritte von Impromptü organisiert, spielte zwar schon in traditionellen Schulaufführungen. Das Impro-Theater ist für den 47-Jährigen immer noch etwas Besonderes: „Weil der Fokus nicht auf das Nachspielen und die Inszenierung gerichtet ist, sondern auf den Augenblick und das Zusammenspiel.“ Die Darsteller müssen genauestens aufeinander achtgeben, um ein Gemeinschaftswerk auf die Bühne zu bringen.

Der Ausgangspunkt für das Bühnengeschehen ist bei Impromptü eine grobe Struktur, die das Publikum mit Inspirationen ergänzt – ein Ort, eine Zeit oder irgendein anderes Motiv. „Auf dieser Basis spielen wir dann völlig frei, was uns in den Kopf kommt.“

Kein Platz für Egoisten und Selbstdarsteller

Dabei sei fast alles erlaubt. Wichtig ist nur, dass die Szenen gemeinsam von allen Spielern entwickelt werden. „Alleingänge und Egoismus haben keinen Platz auf der Bühne“, sagt Klaus Friese.

Macht es ihn nicht nervös, ohne Skript agieren zu müssen? „Überhaupt nicht“, ruft Klaus Friese aus. „Für mich ist es weniger Stress, als eine Rolle in einem vorgeschriebenen Stück zu spielen.“

Man könne das eigene Leben mit einbringen. „Wenn ich die Schultern hängen lasse, gehe ich mit einem völlig anderen Gefühl auf die Bühne, als wenn ich kerzengerade gehe.“ Oft ergebe sich so aus der Tagesstimmung oder einer Beobachtung ganz von alleine eine Rolle oder Figur.

Entspannung durch Impro-Theater

Doch das Ganze wirkt auch umgekehrt. „Das Impro-Theaterspielen hat sehr viel verändert“, ist Klaus Friese überzeugt. „In Situationen, die ungewiss sind, bin ich viel entspannter als früher.“ Auch könne er heute jederzeit ohne Aufregung und ohne Vorbereitung vor 200 Menschen sprechen.

Auf der Bühne gebe es eigentlich nur einen einzigen Gegner: „Wenn ich versuche, besonders witzig oder originell zu sein, klappt es meistens nicht.“ Aber dass Szenen manchmal schiefgehen, dass er einen Reim mal schlecht rüberbringt oder eine Melodie nicht trifft, gehöre ja dazu. Man müsse das akzeptieren, darüber lachen – und weitermachen, so Klaus Friese. „Ich bin heute viel gelassener im Scheitern.“

Das Publikum, das das Geschehen mitinspiriert hat, erlebt bei dieser Unterhaltung eine besondere Nähe zu den Schauspielern. Und wenn eine Szene misslingt, reagiere das Publikum übrigens keineswegs enttäuscht, sondern bewundere im Gegenteil die Akteure für deren Mut, öffentlich zu scheitern. Denn am Ende siegt beim Impro-Theater doch der Humor.

Autor: Hilmar Schulz
Bildbeschreibung Titelfoto: Ensemble Impromptü: Nina Z. und Klaus Friese in Aktion.

24. November 2014 von Redaktion

Kategorien: Hamburg künstlert, Kulturgenuss

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