Spaziergang: Jüdisches Hamburg

Jüdisches Hamburg

1925 lebten fast 20 Prozent als Hamburger Juden im Grindelviertel.

Bis in die 1930er Jahre hinein befand sich hier das Zentrum orthodoxen-jüdischen Lebens mit der Deutsch-Israelitischen Gemeinde, der Neuen Dammtor-Synagoge, der Alten und Neuen Klaus, der Talmud-Tora-Realschule und vielen Lernvereinen, Buchhandlungen, koscheren Lebensmittelgeschäften und kleinen Gewerbebetrieben.

Heute erinnern vor allem Straßennamen, Gedenksteine und -tafeln sowie zahlreiche Stolpersteine (www.stolpersteine.com) an »Klein Jerusalem«, die das Viertel damals auch genannt wurde. Grund, sich das Viertel über einen kleinen Stadtspaziergang mal aus einer anderen Perspektive anzusehen.

Die Bornplatz-Synagoge

Unser Spaziergang beginnt am heutigen Joseph-Carlebach-Platz – früher Bornplatz genannt. Hier stand Hamburgs größte Synagoge, die Bornplatz-Synagoge. »Mit ihrer 40 Meter hohen Kuppel und dem vergoldeten Magen David (Davidstern) auf der Spitze war sie weithin sichtbar«, beschreibt Michael Studemund-Halévy, Autor des Stadtführers »Im jüdischen Hamburg«.

Während des Novemberprogroms (»Reichskristallnacht«) wurde die Synagoge mehrfach angezündet, hielt aber Stand. Erst 1939 musste die Gemeinde das Grundstück unter Wert verkaufen und die Synagoge auf eigene Kosten abreißen. An die Synagoge erinnert ein Mosaik aus schwarzem Granitstein, das den Grundriss der Synagoge darstellt.

Der Grindelhof 30

Nördlich des Joseph-Carlebach-Platz, im Grindelhof 30, erinnern 17 Stolpersteine vor dem Eingang der Talmud-Tora-Schule an ihre ermordeten Schüler und Lehrer: Darunter Richard Levi, Mathias Stein, Leopold Hischr, Dr. Joseph Carlebach, Dr. Hermann Freudenberg und viele mehr.

In dem ehemaligen Schulgebäude befinden sich heute die Verwaltung der Jüdischen Gemeinden, die Joseph-Carlebach-Schule, ein Kindergarten, eine Küche für koscheres Essen, eine (russische) Bibliothek und die Hamburger Gesellschaft für Jüdische Genealogie.

Hamburger Kammerspiele

Dort, wo sich heute die Hamburger Kammerspiele befinden, hatte die Jüdische Gemeinde zur NS-Zeit das Jüdische Gemeinschaftshaus mit einem Theatersaal für 500 Menschen und einem Vortragssaal für 200 Personen errichtet. Dort sollten die Mitglieder der jüdischen Gemeinde kulturelle Veranstaltungen besuchen können, die vom sonstigen Kulturleben Hamburgs ausgeschlossen waren.

Doch 1941 wurde die Einrichtung aufgelöst und geschlossen. Ab 1942 nutzen die Nationalsozialisten das Gebäude als Sammelstelle für Deportationen. Nach dem Krieg eröffnete Ida Ehre in dem Haus die Hamburger Kammerspiele. Das Café Jerusalem erinnert noch heute an dessen Geschichte.

Das Wandbild im Von-Melle-Park

Die Fassade des Departments Wirtschaft und Politik der Universität Hamburg, Von-Melle-Park 9, ziert ein großes Wandbild. Erschaffen hat es die chilenische Künstlerin Cecilia Herrero gemeinsam mit ihren StudentInnen. Es zeigt unter anderem ein Gedicht der Nobelpreisträgerin Nelly Sachs (1881-1970). Es will damit die Erinnerung an das jüdische Leben in Hamburg und die Schrecken des NS-Regimes wach halten.

Platz der jüdischen Deportierten

Der Platz der jüdischen Deportierten an der Moorweidenstraße ist ebenfalls ein Ort der Erinnerung. Ein Gedenkstein aus Granit des Bildhauers Ulrich Rückriem sowie eine Gedenktafel erinnert daran, dass von hier aus Tausende Juden in Konzentrationslager verschleppt und getötet wurden.

Den kompletten Spaziergang sowie weitere finden Sie in dem jüdischen Stadtführer »Im jüdischen Hamburg« von Michael Studemund-Halévy. Verlag Dölling und Galitz, 240 Seiten, Preis 19,90 Euro, ISBN 978-3-937904-97-9. Website www.dugverlag.de 14. März 2013 von Redaktion

Kategorien: Hamburg erinnert, Stadtliebe

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1 Kommentar
  1. Ruth Andreae-Aus 4 Monaten her

    Es wäre schön, die ehemalige Synagoge Bornstraße, die in der Heinrich Barth-Straße lag, ins Programm mit aufzunehmen. Das Besondere dieser Synagoge ist, dass sie in den Novemberprogromen von der Zerströrung ausgenommen wurde, da sie in einem Wohnhaus lag, und dass danach auf Initiative von Joseph Carlebach das Interiör nach Stockholm verschifft wurde. Obwohl Hamburger Hafenarbeiter alles zerschlugen und mit Hakenkreuzen beschmierten, konnte alles wieder restauriert werden und befindet sich seit 1940 in der Synagoge Adat Jeschurun in Stockholm.
    https://schluesseldokumente.net/beitrag/hultman-stockholm-hamburg

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