Waterloo: Britische „Minisoldaten“ wehren einen Kavallerieangriff der Franzosen ab.

Modellbau: Waterloo en miniature

Vielleicht sollte man kein Perfektionist sein. Das Bemalen eines Infanteristen im Maßstab 1:72 aus der Armee Napoleon Bonapartes könnte einem einerseits den letzten Nerv rauben. Anderseits muss Perfektion irgendwie sein. Und wenn auch nicht jede taktische Maßnahme sitzt, bei Pinselstrichen darf es keine Ausnahme geben. Wargamern geht es schließlich auch um die Optik.

Für Frank Becker jedenfalls überwiegt der Spaß am Modellieren und der Historie. Der 48-Jährige steht im Bürgerhaus Wilhelmsburg vor dem 1,80 mal 3,60 Meter großen „Schlachtfeld“ von Ligny, auf dem Franzosen und Preußen gegeneinander kämpfen. Damals, am 16. Juni 1815, führte Napoleon rund 60.000 Mann ins Feld. Marschall Blücher hatte den Befehl über etwas mehr als 80.000 Soldaten. Frank Becker und seine Mitspieler geben sich mit kleineren Plastik-Armeen zufrieden.

Detailverliebt: 1600 Figuren angemalt

Ein Jahr, erzählt Frank Becker, habe er zusammen mit einem Bekannten die 1600 Figuren angemalt. Drei Monate brauchte es dagegen nur, die Landschaft samt Häusern zu bauen. Anders als vor rund 200 Jahren gehen auch die Preußen hin und wieder als Sieger aus dem Spiel hervor gegen die Franzosen, die am 18. Juni 1815 dann in der Nähe von Brüssel ihr Waterloo gegen die Briten und Preußen unter dem Herzog von Wellington erleben sollten.

Jenes geschichtsträchtige Ereignis kann auf anderen Tischen nachgespielt werden. „Es gibt etliche Regelbücher“, erzählt Frank Becker. Würfel, Maßband oder Zollstock sind die „Waffen“ der Akteure. „Ein Zentimeter entspricht auf meinem Feld zehn Metern in der Realität“, erklärt der Hamburger, während der „Kommandeur“ der Preußen gerade die Entfernung zum nächsten französischen Bataillion misst. Es wird diskutiert, gestikuliert, manchmal auch gescherzt. Kanonendonner, Schüsse, Schreie – von all dem ist nichts zu hören. Dies alles findet womöglich nur in der Vorstellung der Befehlshaber und Zuschauer statt.

Frank Becker blickt auf seine bemalten Miniatursoldaten.
Frank Becker blickt auf seine bemalten Miniatursoldaten.

Eine Doppel-LP über Napoleon habe ihn in seiner Kindheit begeistert, begründet Frank Becker sein Interesse für jene Zeit – und kramt auf dem Nebentisch kurz die alte Plattenhülle hervor. Figuren indes bemale er erst seit 1999, und vor elf Jahren sei er dann zum Wargamer geworden. „Es ist ein sehr kommunikatives Hobby. Und es kommt auch gar nicht so sehr darauf an, wer hier gewinnt.“ Anders als vor 200 Jahren. Hier und jetzt ist es dann eben doch nur ein Spiel.

Oder eine Art von Kunst. Auch wenn das Thema für so manchen abschreckend wirkt: Menschen wie Frank Herberger-Frevert können Stunden oder Tage damit verbringen, um nur einen Teil der Schlacht von Waterloo nachzubilden. 2400 Figuren hat der gebürtige Hamburger für das Szenario der Erstürmung des Gutshofes La Haye Sainte bemalt und rund um wie auch innerhalb des Gebäudekomplexes in Stellung gebracht.

Modell von La Haye Sainte: Mehr als fünf Jahre Detailarbeit
Modell von La Haye Sainte: Mehr als fünf Jahre Detailarbeit.

„Man muss einen langen Atem haben“, sagt der 47-Jährige. Warum er ein Faible für die Franzosen hat? „Mir hat die Grande Armée Napoleons einfach besser gefallen und natürlich auch deren Uniformen.“

Spielen kann man an seinem Modell nicht. Die Figuren sind festgeklebt. Eine Momentaufnahme, an der Frank Herberger-Frevert fünfeinhalb Jahre gebastelt hat.

Autor: Markus Tischler
Bildbeschreibung Titelfoto: Waterloo: Britische „Minisoldaten“ wehren einen Kavallerieangriff der Franzosen ab.

27. März 2015 von Redaktion

Kategorien: Hamburg künstlert, Kulturgenuss

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