Michael Söth dreht nach „Bauernfrühstück“ den nächsten ur-norddeutschen Film. In „Deichbullen“ geht es um zwei Stadtpolizisten auf dem Dorf.
Michael Söth ist Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Cutter in einem, kurz: Filmemacher. Bekannt wurde der Eckernförder Jung durch „Deichking“ (2006) und „Bauernfrühstück“ (2010). Bei HAMBURGschnackt! spricht der 49-Jährige über sein aktuelles Projekt „Deichbullen“.
Darin spielen René Chambalu, Christian Dabeler, Tetje Mierendorf und Lenka Arnold.
Herr Söth, in „Deichbullen“ geht es um zwei Hamburger Polizisten, die in ein Dorf versetzt werden und dort tatsächlich einen Fall lösen müssen. Der Plot an sich ist nicht wirklich neu, oder?
Ja, das weiß ich auch. Ich habe mich schließlich inspirieren lassen, unter anderem von „Twin Peaks“, der US-amerikanischen Kultkrimiserie von David Lynch. Die 30 Folgen habe ich gesehen und wollte dann das Gleiche auf Norddeutsch machen. Das wird nämlich garantiert einzigartig.
Wie viele Ihrer Filme spielt „Deichbullen“ in Kollmar. Was ist das Besondere dieses schleswig-holsteinischen Ortes an der Niederelbe?
Ich komme aus Elmshorn. Das ist 14 Kilometer von Kollmar entfernt, ich kenne die Gegend sehr gut. Kollmar bietet alles, was man für einen norddeutschen Film braucht, an einem Platz: Leuchttürme, Schafe, Deiche und Wasser. Das ist auch produktionstechnisch sehr praktisch, weil man nicht von A nach B fahren muss.
Warum haben Sie René Chambalu und Christian Dabeler für die Hauptrollen gewählt?
Ich habe die zwei in „Krasser Move“ gesehen, einem anderen Hamburger Film, und war begeistert. Die sind so typisch hamburgisch. Chambalu ist ein echter Kiezrocker, der mit zwölf von zuhause abgehauen ist und seitdem in gefühlt allen norddeutschen Clubs gespielt hat. Das passt einfach.
Es heißt, dass es bei Ihnen am Set immer sehr familiär zugeht.
Das stimmt. Bei mir gibt es keine Hierarchien, da zählt ein Dirk Bach genauso viel wie ein Komparse. Richtig divenhaftes Verhalten kommt dann gar nicht erst auf. Zumindest hat das bislang immer funktioniert.
Bis jetzt wurde von „Deichbullen“ nur der Trailer gedreht. Dennoch: Gibt es schon jetzt eine Situation am Set, an die Sie sich besonders gern erinnern?
Oh ja. Wir haben abends im Hotel ein paar Bierchen getrunken und spontan entschieden, die Morgenstimmung mit Sonnenaufgang am Deich einzufangen. Alle gemeinsam. Da war es ein Uhr nachts. Morgens um vier waren dann nur der Kameramann und ich am vereinbarten Treffpunkt.
Und die anderen?
Die kamen zu spät und waren total zerknautscht – herrliche Gesichter!
Jetzt müssen Sie schneller sein als die Polizei erlaubt. Beschreiben Sie die beiden Deichbullen Paulsen und Kante in jeweils drei Worten. Los geht’s!
Kante: ein Hamburger Schnacker. Paulsen: Überschätzt sich völlig. Der Typ ist Dorfpolizist und will Polizeipräsident werden.
Das waren jetzt ein paar mehr Worte. Aber gut. „Deichbullen“ wird ein ruhiger Film, fast getragen. Wieder einmal. Wird das auf Dauer nicht langweilig?
Das ist in der Tat etwas, wofür ich oft kritisiert wurde. Meine Freunde aus dem Norden haben mir dafür aber auf die Schulter geklopft und gesagt: Ja, genau so sind die Leute hier. Da geht eben nicht alles ruckzuck. Und ich denke auch, dass man sich nach den ersten Filmminuten daran gewöhnt, dass eben nicht alle zwei Minuten ein Auto abbrennt.
Man sagt, dass ein Drehbuchautor jeder Figur etwas von sich selbst mitgibt. Stimmt das?
Bei mir auf jeden Fall. Ich baue eigene Erfahrungen ein, anders geht es gar nicht. Es ist total spannend, auf diese Weise ein bisschen Gott spielen zu können und dem jeweiligen Schicksal seine Wendungen zu verpassen.
Welcher „Deichbullen“-Charakter ist Ihnen am ähnlichsten?
Also, dass man sich überschätzt und zu hohe Ziele steckt, passiert ja leider wirklich schnell. Nenn mich Paulsen! (lacht)
Interview: Anja-Katharina Riesterer
23. März 2015 von RedaktionKategorien: Hamburg filmt, Kulturgenuss
Schlagworte: Bauernfrühstück, Deichbullen, Deichking, Hamburg, Kollmar, Michael Söth