Mit Businesstheater fit im Unternehmen

Aufs Stichwort zu improvisieren, haben etliche Hamburger Theatergruppen zu ihrem Markenzeichen gemacht. Einige haben neben dem Bühnenauftritt Firmen als Kunden entdeckt und helfen dort mit ihrer Kunst Veränderungsprozesse zu gestalten. Drei Hamburger Gruppen sind schon seit über 25 Jahren im Geschäft und auf Erfolgskurs.

Immer voller Einsatz: hidden shakespeare

„Es gibt so viele Möglichkeiten, mal sehen welche mich anspringt“, sagt Kirsten Sprick von der Impro-Theatergruppe hidden shakespeare. Der Mut, Dinge aufzugreifen und kreativ umzusetzen, ist das Motto der Theatermacher, im Leben ebenso wie auf der Bühne. Seit 25 Jahren spielen die fünf Schauspieler, Kirsten Sprick, Mignon Remé, Frank Thomé, Thorsten Neelmeyer und Rolf Claussen zusammen und improvisieren aufs Stichwort, was ihr Einfallsreichtum so hergibt. Und der scheint unermesslich groß.

 

Spontan, schlagfertig, schonungslos

Sogar bei zwei Filmprojekten haben sie in der Zusammenarbeit mit Lilli Thalgotts und Mignon Remés Produktionsfirma HIDDEN HITCHCOCK schon ausprobiert, ob das Improvisieren auch vor der Kamera gelingt. Ein drittes, unterstützt von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, ist in Vorbereitung. Ihre Kunst ist aber auch jenseits der Bühne bei Unternehmen und Institutionen gefragt, denn die Techniken der Improvisation sind auf die Arbeitswelt übertragbar.

Aus dem Stegreif reagieren

„Wenn wir auf der Bühne stehen, müssen wir mit all unseren Sinnen unsere Zuschauer wahrnehmen, ihnen zuhören, Ideen auf den Partner bezogen aufbauen, schnelle Entscheidungen treffen und im Moment etwas kreieren. Das müssen Menschen im Alltag auch, nämlich andere wahrnehmen, Herr der Situation bleiben, angstfrei agieren, flexibel sein und schnell entscheiden“, beschreibt Sprick die Herausforderung, die es zu bewältigen gilt. Dafür haben sie ein Trainingsprogramm entwickelt. Ihre Workshops sind ein Motivationsprogramm für alle, vom Lehrerkollegium bis zur Belegschaft größerer Firmen, über den eigenen Schatten zu springen und aus der Komfortzone herauszukommen. Das Wichtigste dabei: Es macht allen gleichermaßen Spaß.

Kreatives Potenzial: STEIFE BRISE

Silbernes Bühnenjubiläum feierte im letzten Jahr auch eine andere Hamburger Impro-Theatergruppe, die STEIFE BRISE. 1992 begeisterten die Improvisationskünstler zum ersten Mal ihr Publikum. Inzwischen haben sie einen ganzen Katalog von unterschiedlichen Formaten entwickelt, von der Improshow über den Improkrimi bis zum, typisch hamburgisch, Seemannsgarn. Achtzig Auftritte absolvieren sie im Jahr. Auch beim Theatersport sind sie dabei. Nach Vorgaben aus dem Publikum improvisieren die Teams um den Sieg.

Theaterfestival und Trainingszentrum

Zum Bühnenjubiläum haben sie sich im letzten Jahr etwas besonderes ausgedacht: TÖRN, ein Hamburger Impro-Theaterfestival mit Koryphäen aus der internationalen Impro-Szene. „Dafür haben wir zum ersten Mal überhaupt eine Förderung bei der Kulturbehörde beantragt und auch bekommen. Wir freuen uns, das Festival alle zwei Jahre für Hamburg ausrichten zu dürfen“, erzählt Carmen Below. Die kleine Theatergruppe von einst ist inzwischen nicht nur kräftig gewachsen, sondern hat sich auch mit Businesstheater und einem Trainingsinstitut zu einem professionellen Unternehmen gewandelt. Wer selbst auf der Bühne stehen will, kann die Kunst des Improvisieren im Trainingsinstitut erlernen, in Hamburger Schulen bietet die STEIFE BRISE Theatersport als Projekt an.

Anstoß zur Veränderung

Beim Businesstheater gehen sie mit ihrem Improvisations-Ansatz in Unternehmen hinein. Wir helfen Prozesse anzustoßen und begleiten diese oft über mehrere Monate oder Jahre. Mit dem, was Improtheater zu bieten hat, lässt sich ganz viel verändern, denn wir sind ein wenig wie Hofnarren, die die Dinge auf den Punkt bringen“, sagt Below. Da versteht sich die Theatergruppe ganz als Dienstleister im Interesse der Mitarbeiter. Auf der Bühne dagegen spielen sie ihre künstlerischen Freiheit aus, natürlich ganz im Sinne des Publikums. Eines ist bei STEIFE BRISE allerdings bis heute gleichgeblieben. „Bei all unseren Aktivitäten prägt uns unsere familiäre Struktur und unsere große Spielfreude“, sagt Below.

Spiel mit Überraschungseffekten: Scharlatan -Theater für Veränderung

Das Scharlatan – Theater für Veränderung hat vor über dreißig Jahren einst mit Straßentheater begonnen. Sein Markenzeichen: Die Zuschauer durch ihre Auftritte an ungewöhnlichen Orten zu verblüffen, etwa als Straßenfegertruppe in der Fußgängerzone. Sie gelten auch als Erfinder des Gastrotheaters, wenn in „Kollege kommt gleich“ der Kellner aus der Rolle fällt und sich als Schauspieler in seiner Rolle entpuppt. Mitte der Neunzigerjahre bezog das Schɐrlatan Theater sein heutiges Domizil in der Gotenstraße in der City Süd und spezialisierte sich immer mehr auf Unternehmenstheater.

 

Stücke passgenau entwickelt

„Die Auftraggeber tragen die Themen an uns heran, wir recherchieren durch weitere Gespräche mit Mitarbeitern und entwickeln dann im Gegensatz zum Improtheater ein ausgearbeitetes Stück, das die spezielle Problematik spiegelt“, beschreibt Beate Ebel die Arbeit. Inzwischen gibt es ein Repertoire an Stücken, die für jeden Auftraggeber individuell bearbeitet werden. „Wir arbeiten mit Verblüffungseffekten, dem Unerwarteten, wenn sich etwa ein angekündigter Vortrag plötzlich als Theatereinlage entpuppt. Dann wird gelacht, dann entstehen Emotionen, und die Mitarbeiter öffnen sich ganz anders für eine bestimmte Problematik“, so Ebel.

Theater macht sichtbar

Da geht es um Teamentwicklung, digitale Transformation, Resillienz, Unternehmens-Nachfolge, Inklusion – ein breites Spektrum. Natürlich werden die großen Inszenierungen von großen Unternehmen gebucht, aber das Theater hat auch weniger aufwendige Formate mit knackigen Sketchen oder schlagfertigen Moderatoren im Angebot. „Wir Theatermacher können ganz andere Akzente setzen“, sagt Ebel, „und vieles sichtbar machen, was bei einem Unternehmen im Verborgenen mitschwingt. Das Theater hat dafür hervorragende Möglichkeiten.“

 

 

Autorin: Herdis Pabst
Titelfoto und Foto: hidden shakespeare © Lutz Jäkel
Foto: Ensemble STEIFE BRISE am Elbstrand © Fabian Hammerl
Foto: Scharlatan Theater in „Prof. Dr. Friedrich Faber“ © Oliver Nimz

16. Mai 2018 von Redaktion

Kategorien: Entscheider, Hamburg inszeniert, Kulturgenuss

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