Mein Hamburg: Corny Littmann

Was lieben die Hamburger an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Corny Littmann, der auf St. Pauli das Schmidt Theater, Schmidts TIVOLI sowie das Schmidtchen im Klubhaus St. Pauli betreibt und an weiteren Unternehmungen beteiligt ist.

Sie leben und arbeiten seit langer Zeit auf St. Pauli. Sie haben den Wandel des Spielbudenplatzes zur Theatermeile eingeleitet.

Von 1976 bis 1988 gingen wir in ganz Deutschland auf Tournee – und waren schließlich des Reisens müde. Wir, also alle Beteiligten, wohnten damals schon längere Zeit auf St. Pauli. Als sich die Gelegenheit bot, haben wir zugegriffen, das Haus gemietet und das Schmidt Theater eröffnet. Freunde haben uns maximal sechs Monate gegeben, nun sind fast dreißig Jahre daraus geworden.

Damals gab es auf St. Pauli wenig kulturelle Angebote.

Es war tatsächlich nicht einfach, das Publikum an einen solchen Ort zu bekommen, denn der Spielbudenplatz war damals sehr unattraktiv. Das Schmidt Theater war neu, knüpfte aber als Verzehr-Theater an eine alte Tradition an. In den 30er und 40er Jahren gab es hier über 60 Theaterbetriebe. Viele wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Das Operettenhaus und das St. Pauli Theater sind geblieben. Im Bewusstsein dieser Tradition haben wir Theater mit heutigen Inhalten gemacht. Rückblickend war es ein riesiges Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Damals gingen Hamburger und Hamburgerinnen nicht auf die Reeperbahn, heute machen wir hier sogar erfolgreich Kindertheater

Kurze Zeit später haben Sie mit dem Schmidts TIVOLI ein zweites Haus eröffnet und seit 2015 gibt es das Klubhaus St. Pauli.

In beiden Fällen hatte die Stadt die Objekte ausgeschrieben und wir konnten die Gelegenheit nutzen. Die Theater haben den Spielbudenplatz entscheidend geprägt. Aber wir sind nicht allein auf weiter Flur. Es gibt viele kreative Nachbarn neben dem Schmidt Theater, dem Schmidts TIVOLI und dem Schmidtchen im von Musikangeboten geprägtem Klubhaus, das wir mit vier Partnern gemeinsam betreiben.

Verraten Sie uns Ihr Erfolgsgeheimnis?

Mein Erfolg ist niemals mein persönlicher Erfolg. Ich bin daran beteiligt, bei einigen Projekten mehr, bei anderen weniger. Die Grundlage dafür ist, dass ich nur Dinge beginne, von denen ich selber überzeugt und begeistert bin, wie irrational das häufig auch sein mag. Noch wichtiger ist aber, dass über die Jahre ein künstlerisches Team zusammen gewachsen ist, das offensichtlich attraktive, unterhaltende Musiktheaterstücke auf die Bühne bringt, die Erfolg haben. Viele Zuschauer vertrauen darauf, dass sie bei uns qualitativ Hochwertiges und Unterhaltendes zu sehen bekommen, auch wenn sie nicht konkret wissen, was sie erwartet. Das ist ein Ruf, den sich unsere Theater über die Jahre hinweg und durch viele Produktionen erworben haben.

Was macht St. Pauli für Sie aus?

Ich lebe und arbeite hier, Hamburg und St. Pauli ist meine Heimat, der ich mit allen Facetten von Gefühlen verbunden bin. Ein vielfältiges Angebot von Gewerbe hat die Peepshows der siebziger Jahre verdrängt. Weniger begrüßenswert ist die Verteuerung des privaten Wohnraums, was aber schwer aufzuhalten ist, weil die Immobilien in privater Hand sind. Auch die Inflation der Kioske ist ein Problem, weil sie insbesondere den Musikbereich gefährden. Aber wir sind froh darüber, dass St. Pauli als bekannter touristischer Ort in der Hamburger Politik gehört wird. Das war lange Zeit nicht so. In den 60er und 70er Jahren war das ein Gebiet, um das sich niemand gekümmert hat.

Was wünschen Sie sich für den Stadtteil?

Ich wünsche mir, dass er in Bewegung bleibt, dass hier viel Neues geschieht. Gerade private Ideen können viel anschieben. So ist zum Beispiel das Reeperbahnfestival entstanden. Auch das Hospiz Hamburg Leuchtfeuer wurde aus einer fixen Idee geboren und von einer Gruppe engagierter Menschen auf den Weg gebracht. Diese Idee wurde zur Blaupause für andere Projekte der Hospizbewegung über Hamburg hinaus. Deshalb ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass die Ideen der kreativen Menschen in dieser Stadt, so fantastisch sie auf den ersten Blick sein mögen, bei Entscheidungsträger Gehör finden und zum Blühen erweckt werden.

Haben Sie denn selbst Pläne für neue Projekte?

Ich habe immer wieder neue Pläne, aber noch möchte ich nicht darüber sprechen. Vielleicht später im Laufe des Jahres.

Wie lautet Ihr Lebensmotto, Lieblingszitat oder Lieblings-Schnack?

Meine Leitlinie heißt: Versuche den Tag zu leben, als ob es dein letzter wäre. Die Betonung liegt auf dem nicht enden wollenden Versuch.

 

Autorin: Herdis Pabst

Foto: Corny Littmann © Stefan Malzkorn

1. Februar 2017 von Redaktion

Kategorien: Hamburg inszeniert, Kulturgenuss, Mein Hamburg

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