Mein Hamburg: Börries von Notz

Was lieben die Hamburger an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Börries von Notz, der seit zwei Jahren Alleinvorstand der Stiftungen Historische Museen Hamburg ist.

Börries von Notz ist für die inhaltliche und strategische Ausrichtung des Museums für Hamburgische Geschichte, des Museums der Arbeit, des Altonaer Museums und der sechs Außenstellen verantwortlich. Zuvor hatte er für verschiedene Museumsinstitutionen gearbeitet, zuletzt in leitender Position für das Jüdisches Museum Berlin und dessen Stiftung. Börries von Notz ist in Mölln geboren und in Hamburg und Frankfurt am Main aufgewachsen.

Sie leben seit zwei Jahren wieder in der Stadt. Wie nehmen Sie Hamburg wahr?

Hamburg war für mich immer eine der tollsten Städte Deutschlands und Europas. Aber seitdem ich hier lebe, habe ich festgestellt, dass es in Hamburg viel mehr zu  entdecken gibt, als man aus der Ferne glaubt. Die hanseatische Zurückhaltung sorgt dafür, dass es nicht immer gelingt, diese Vielfalt und diesen Reichtum nach außen zu transportieren. Dabei hat die bürgerliche Struktur der Stadt ein wissendes Publikum hervorgebracht, das auf hohem Niveau rezipiert. Die Eröffnung der Elbphilharmonie ist eine große Chance, dass Hamburg diese Zurückhaltung überwindet.

Sie sind zuständig für die Historischen Museen in Hamburg. Was hat Sie an dieser Aufgabe in Hamburg gereizt? Was wollen Sie bewegen?

Wenn man um die regionale und die Stadtgeschichte weiß, wenn man die Vergangenheit und die Motive jener, die früher gehandelt haben, kennt, kann man die Komplexität der Gegenwart besser verstehen und trifft klügere und bessere Entscheidungen für eine friedliche und demokratisch orientierte Zukunft. Wir wollen mit den Angeboten in den Historischen Museen daran mitarbeiten, dass dies weiterhin gut gelingt. Diesen alten Häusern dafür eine Modernisierungskur zu verschaffen, ist eine sehr schöne Aufgabe.

Was bieten die Museen den Besuchern, wohin geht die Entwicklung?

Mit 350.000 Besuchern im Jahr 2015 waren die Historischen Museen Hamburg die am besten besuchte museale Einrichtung. Mit unserer Zeitschrift “Hamburg History Live“, aber auch mit unserem Webportal wollen wir unsere Themen noch stärker verbreiten und damit noch mehr Interesse am Besuch der einzelnen Ausstellungshäuser wecken. Wir arbeiten daran, die Aufenthaltsqualität zu steigern und mehr Programme anzubieten, die den Nerv der Zeit treffen, also zum Beispiel im Altonaer Museum einmal einen Muslim aus Altona den Islam erklären lassen. Aber natürlich brauchen wir auch Wechselausstellungen. Da gibt es bei den Historischen Museen keinen Mangel an Ideen, aber sie sind sehr kostspielig. Das ist nur mit dem Einsatz höherer Budgets möglich.

Es ist ja einiges im Umbruch. Stichwort: neues Hafenmuseum.

Wenn wir der Olympia-Bewerbung und dem damit verbundenen Blick auf Hamburg etwas zu verdanken haben, dann ist es das neue Hafenmuseum. Seit Jahrzehnten gab es keine Museumsneugründung in dieser Größenordnung. Zurzeit prüfen wir drei Standorte, dazu zählen die 50er Schuppen, wo sich das jetzige Hafenmuseum als Außenstelle des Museums der Arbeit befindet, und eine Fläche bei den Musicals auf der Südseite Hamburgs sowie eine Fläche neben dem Eingang des alten Elbtunnels. Wir wollen unsere Anforderungen an die Grundstücke grundsätzlich überprüfen. Aber es spricht viel für die Schuppen, zumal die Viermastbark Peking am Museum liegen soll. Dass das Besuchserlebnis auf einer Barkasse anfängt, ist eine Idee, die wir verfolgen.

Welche Ausrichtung wird das Museum bekommen?

Mit dem neuen Hafenmuseum wollen wir das Maritime von der Landseite betrachten. Dort wird es um die Frage gehen, warum Menschen einen riesigen Aufwand betreiben, um Waren von A nach B zu bringen, verbunden mit den Megafragen der Zeit: Digitalisierung, Migration und Globalisierung, die an einem Ort, dem Hafen mit seiner Rund-um-die Uhr-Effizenz, sichtbar werden. Siebzig Prozent jedes I-Phones sind durch den Hamburger Hafen gegangen. Es wird also ein Ort sein, an dem der Besucher eine Erklärung bekommt, warum die TTIP- oder CETA-Verhandlungen so kompliziert sind. Oder warum Hamburg der erste Staat der Welt war, der die Vereinigten Staaten von Amerika anerkannt hat. Das ist eine große Herausforderung und das gibt es bisher nirgendwo auf der Welt.

Für das Museum für Hamburgische Geschichte stehen 36 Millionen Euro für die Renovierung zur Verfügung. Was wird anders werden?

Wir werden das Museum für Hamburgische Geschichte auf der Planten-un-Blomen-Seite öffnen und die Gastronomie dorthin verlegen. Dadurch wird die geschlossene Atmosphäre des Hauses aufgebrochen. Wir werden im Erdgeschoss ein offenes Angebot, etwa für Recherchen, und zwei Flächen für wechselnde Ausstellungen haben. Im ersten Obergeschoss planen wir einen chronologischen historischen Rundgang durch die Geschichte Hamburgs. Im zweiten Obergeschoss geht es um Themen wie Hanseatentum, bürgerliche Familien, die großen Clans, aber auch um kulturelle Vielfalt. Im dritten Obergeschoss wird die Sammlung präsentiert und es entsteht die neue Heimat für die Modelleisenbahn.

Gibt es auch Neues für das Museum der Arbeit und das Altonaer Museum ?

Man muss in diese Museen investieren, auch wenn es die Etats sehr belasten wird. Im Altonaer Museum eröffnet jetzt im Frühjahr die Gastronomie neu. Dann könnte man dort peu à peu Teilbereiche renovieren. Beim Museum der Arbeit sanieren wir zwar das Torhaus, ein wichtiges und schönes Projekt, aber das gesamte Museum bedarf nach zwanzig Jahren kaum veränderter Dauerausstellung einer Generalüberholung. Wir arbeiten daran, dafür Mittel einzuwerben.

Was wünschen Sie sich für Hamburg?

Ich wünsche mir, dass Hamburg es schafft, das große Projekt Elbphilharmonie und die daraus resultierende weltweite und nationale Aufmerksamkeit zu nutzen, um für den gesamten Kulturbereich einen Aufschwung zu erzielen. Das Deutsche Hafenmuseum, nach der Elbphilharmonie das wichtigste Großprojekt der Stadt, aber auch das Theater der Welt sind kluge politische Entscheidungen, die einen Nährboden für die gesamte Kulturlandschaft Hamburgs liefern.

Haben Sie ein Lebensmotto, ein Lieblingszitat oder Lieblingsschnack?

Was du tust, das tue richtig und bedenke das Ende. Das bedeutet für mich, sich für das, was man tut, so zu entscheiden, dass man sich voller Leidenschaft einsetzen kann. Und die Folgen des Tuns in allerlei Hinsicht abzuwägen, erscheint mir recht klug. Ob ich das selber erreiche, weiß ich nicht, aber darüber nachzudenken ist mir wichtig.

 

Autorin: Herdis Pabst

Foto:  Borries von Notz © Udo Mölzer

 

Kategorie: Hamburg erinnert, Stadtliebe, Mein Hamburg

Schlagworte: Altonaer Museum, Borries von Notz, Hafenmuseum, Museum der Arbeit, Museum für Hamburgische Geschichte, Stiftung Historische Museen Hamburg

4. Januar 2017 von Redaktion

Kategorien: Hamburg erinnert, Mein Hamburg, Stadtliebe

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