Mein Hamburg: Yared Dibaba

Was lieben die Hamburger an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Yared Dibaba, Moderator, Schauspieler, Musiker und Plattschnacker

Als Entertainer und Moderator hat sich Yared Dibaba längst einen Namen gemacht. Neben dem NDR ist er auch bei anderen Sendern präsent und steht als Musiker auf der Bühne. Gerade hat er mit “Land in Sicht“ ein Shanty-Album herausgebracht. Sein Markenzeichen: Plattdeutsch.

Sie leben seit Langem in Hamburg. Was macht für Sie die Stadt aus?

Für mich ist Hamburg eine wunderschöne bunte und vielseitige Stadt. Hier ist mein Anker, hier liegen meine emotionalen Bindungen. Meine Freunde leben hier und vor allem meine Familie. Meine Söhne wurden hier geboren, mein Vater ist hier begraben. Ich bin in dem kleinen Dorf Falkenburg bei Delmenhorst aufgewachsen. Damals war Hamburg für mich die weite Welt. Heute lebe ich in Altona, da ist alles fußläufig, einkaufen, essen oder abends feiern gehen. Das hat etwas Dörfliches.

Die norddeutsche Kultur ist Ihnen wichtig. Sie geben sogar Plattdeutsch-Kurse auf YouTube

In meinem Blog biete ich Plattdeutsch für Anfänger an. Viele haben so einen verborgenen Schatz an Pattdeutsch in sich, weil sie es bei Oma und Opa hörten. Ich versuche zu motivieren, Pattdeutsch zu sprechen, Schnacks wie Moin oder Fofftein im Alltag zu verwenden wie sonst Anglizismen. Es ist eine Sprache, die uns Norddeutschen gehört. Bei all der internationalen Vernetzung ist es wichtig, seine Wurzeln, seine Identität zu kennen und zu wissen, wo man herkommt.

 

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Gilt Plattdeutsch nicht als irgendwie angestaubt?

Die Bayern gehen mit ihren Lederhosen, der Volksmusik und ihrem Essen ganz bewusst um. Die norddeutschen Traditionen sind etwas Besonderes, mit dem man sich schmücken kann. Sogar der gelbe Friesennerz ist ein Hingucker. Obwohl meine Wurzeln ja nicht hier liegen, sind der Norden und seine Sprache meine Heimat. Deshalb mache ich Musik auf plattdeutsch wie bei meinem Shanty-Album Land in Sicht.

Heidi Kabel ist ja eine norddeutsche Legende. Sie haben mit ihr auf der Bühne gestanden. Wie haben Sie das erlebt?

Ich hatte 1998 gerade meine erste Rolle gespielt, in “Der Drache“ beim Sommertheater in der Speicherstadt, als die Anfrage vom Ohnsorg Theater kam. Das war eine ganz große Ehre. Ich hatte schon als ganz kleiner Junge im Fernsehen Ohnsorg Theater geguckt. Heide Kabel war so herzlich und sehr kollegial. Sie ist mit mir sogar die Texte durchgegangen. Die Familienserie “Die Ohnsorgs“, die auf der Bühne des Theaters aufgezeichnet wurde, war meine erste NDR-Produktion.

Dabei haben Sie zunächst Groß- und Außenhandelskaufmann gelernt. War das eine falsche Berufswahl?

Manches ergibt sich erst im Laufe eines Lebens. Nach dem Abitur fand ich BWL interessant, wollte vor dem Studium eine Lehre machen und bin im Einkauf bei Jacobs Kaffee gelandet. Ich war so Mitte zwanzig, als ich mit der Schauspielschule im Bremer Kulturzentrum Schlachthof in Berührung kam. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich diesen anderen Weg im letzten Augenblick eingeschlagen habe. Aber ich bin froh, dass ich die Ausbildung gemacht habe. Die Liebe zum Kaffee ist geblieben. Schließlich liegt in Oromia in Äthiopien, meiner ersten Heimat, der Ursprung des Kaffees. Wie die Ostfriesen ihre Teezeremonie haben, gibt es dort eine ausgeprägte Kaffeekultur.

Wie trinkt man den Kaffee in Oromia?

Der Kaffee wird frisch geröstet und gemahlen aufgegossen. Man trinkt in als Mokka, mit Salz. Und dann kommt noch ein bisschen Butter hinein. Weil ich Kaffee so liebe, mache ich den Blog Yared’s Kaffeesatz.

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Menschen zu unterhalten, ist Ihre große Leidenschaft?

Ich habe wohl ein Entertainment-Gen. Nachdem ich am Hamburger Konservatorium Gesang studierte, habe ich bei meinen Konzertauftritten auch oft durchs Programm geführt. Ich bekam erste Moderationsangebote von Sendern und Veranstaltern, schließlich auch vom NDR für “Hör‘ mal ‘n beten to“ im Radio und für “Die Welt op platt“ im Fernsehen sowie für die Talkshow “Die Tietjen und Dibaba“. Beim NDR habe mich mehr und mehr in Richtung Journalismus entwickelt. Bei „Mein Nachmittag“ zum Beispiel liebe ich das breite Themenspektrum und die Intensität der Livesendung. Aber ebenso gerne stehe ich auf der Bühne, wenn ich mit meiner Musik unterwegs bin.

Sie sind in zwei Kulturen aufgewachsen. Wie erleben Sie Deutschland?

Ich erlebe viele Menschen, die gerne helfen und sich engagieren, die sich für vertriebene Menschen einsetzen. Negative Dinge, die passieren, müssen natürlich angesprochen werden, aber es ist vor allem wichtig, denjenigen Mut zu machen, die für ein vielfältiges Land eintreten. Dieser Planet gehört uns allen, deswegen sollten wir, auch wenn es nationale Grenzen gibt, sie nicht im Kopf haben. Für mich ist es eine Bereicherung, dass ich in zwei Kulturen aufgewachsen bin, weil ich aus zwei Kulturen schöpfen kann, mir also doppelte Wurzeln Kraft fürs Leben geben.

Was wünschen Sie sich für Hamburg, welche Vision haben Sie?

Ich wünsche mir, dass die Menschen Vielfalt als Bereicherung erleben, nicht als Bedrohung, dass es zur mehr Begegnungen unterschiedlicher Menschen in den Stadtteilen kommt. Es gibt viele Hamburger, die das genauso sehen. Für mich persönlich ist es ganz wichtig, auch die Ursachen zu bekämpfen, sodass Menschen gar nicht erst ihre Heimat verlassen müssen. Ganz aktuell engagiere ich mich für die Fluchtursachen der Menschen aus Oromia, meiner Heimat, weil ihnen das Land und damit auch ihre Lebensgrundlage geraubt wird, weil sie, wenn sie dagegen demonstrieren, mit Gefängnis oder sogar Tod rechnen müssen.

Haben Sie ein Lebensmotto, ein Lieblingszitat oder Lieblingsschnack?

Da möchte ich die Bremer Band De foffzig Penns  zitieren: KANN, MUTT, LÖPPT!

 

Autorin: Herdis Pabst

Foto: Yared Dibaba © Oliver Reetz

 

24. Mai 2017 von Redaktion

Kategorien: Hamburg künstlert, Kulturgenuss, Mein Hamburg

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