Mein Hamburg: Ulf Wolter

Was lieben die Hamburger an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Kapitän Ulf Wolter

Das Seemannsleben liegt bei Ulf Wolter in den Genen. Er stammt aus einer Seefahrerfamilie auf Krautsand. Und doch ist er nicht in die Fußstapfen seiner Vorfahren getreten. Statt mit Handelsschiffen die Häfen Europas anzusteuern, fährt er als Kapitän auf dem Kreuzfahrtschiff MS EUROPA 2 um die Welt. Sogar in seiner Freizeit braucht er die Nähe von Wasser und Schiffen.

Sie wohnen an der Elbe in Oevelgönne. Welche Beziehung haben Sie zu Hamburg?

Ich bin auf der Elbinsel Krautsand aufgewachsen und dann später zur Ausbildung und zum Studium nach Hamburg gezogen. Aber ich kannte die Stadt schon seit meiner Kindheit. Mein Vater hat uns oft bei seinen dienstlichen Reisen auf seinem Schiff hierher mitgenommen. Für uns Kinder war das wie ein Familienausflug in die große Stadt. Ich habe immer versucht, nahe der Elbe zu wohnen, um schnell am Fluss zu sein, um die Schiffe zu beobachten. Der Hafen schläft ja nie, es gibt immer irgendein Gepolter. Und das ist Musik in meinen Ohren. Manchmal höre ich auch den Funk ab. Wie andere Radio hören, höre ich, was die Schlepper und Schiffer so quatschen.

Ihr Vater war auch Kapitän?

Mein Vater, meine Onkel, mein Großvater und mein Urgroßvater auch. Wir sind in der vierten Generation Seeleute. Meine Vorfahren hatten eine Reederei auf Krautsand, ganz früher mit Ewern, dann mit Frachtern und schließlich mit Kümos, Küstenmotorschiffen, für den Elb- und den Nord- und Ostseeverkehr. Die Reederei ist langsam gewachsen. Mein Vater hat dann schon Papier, Holz und Zellulose von Skandinavien nach England und Holland bis runter nach Spanien und Portugal gefahren und zurück Getreide und Schrott. Ich bin als Kind mitgefahren und habe später mein erstes Geld an Bord verdient.

Wollten Sie von Anfang an auch zur See fahren?

Nach meinem Abitur war mir nicht so klar, wohin meine Reise gehen sollte. Ich habe angefangen, Geografie zu studieren, aber nach einem Jahr gemerkt, dass es nicht das Richtige war. So habe ich dann doch Schiffsmechaniker gelernt – das war früher Voraussetzung – und dann Nautik studiert. Dann fährt man als dritter Offizier, als zweiter, als erster und dann kann man, wenn man möchte, Kapitän werden. Das ist ein langer Weg, aber so von der Pike auf zu lernen, lieferte mir ein gutes Fundament.

Aber die Reederei Ihres Vaters haben Sie dann doch nicht übernommen?

Vom elterlichen Betrieb her kannte ich die Fahrten in den europäischen Regionen. Aber ich wollte weltweit fahren. So bin ich als dritter Offizier auf ein Containerschiff der Hamburg Süd gegangen – und war sehr enttäuscht. Da habe ich überlegt, ob ich doch in den elterlichen Betrieb einsteige, bin dann aber durch Zufall auf einem Kreuzfahrtschiff gelandet. Dort habe ich meine Nische gefunden. Ich bin Expeditionsreisen gefahren in die Antarktis, in die Arktis, zum Amazonas und in die Südsee. Dann habe ich gewechselt, auf die MS EUROPA, ein größeres traditionelles Kreuzfahrtschiff.

Heute fahren Sie auf der MS EUROPA 2. Ist das so ein Traumschiff, wie man es aus dem Fernsehen kennt?

Wenn ich an Land bin und meine Mutter besuche, gucken wir manchmal zusammen das „Traumschiff“. Da habe ich immer etwas zum Schmunzeln, aber es gibt tatsächlich gewisse Parallelen. Auf der MS EUROPA 2 haben wir von den Kreuzfahrttraditionen Abschied genommen. Das klassische Welcome, das Farewell und die Kapitänstische entsprechen nicht mehr unserem Konzept. Trotzdem nehme ich mir Zeit für den Small Talk und setze mich auch mal zu den Gästen. Das gehört zum Job dazu und das macht mir sehr viel Spaß.

Auf dem Schiff mit 500 Gästen und 370 Crew-Mitgliedern sind Sie ja für viele Menschen verantwortlich. Was macht den Beruf aus?

Das ist eine große Verantwortung. Meine Hauptaufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Reise gut gelingt, nichts wegen schlechtem Wetter ausfallen muss, dass alle gesund und zufrieden sind und sich schon auf die nächste Reise mit uns freuen.

Sie sind viel unterwegs. Wie vereinbart man das mit dem Privatleben an Land?

Unser Schiff hat zwei Kapitäne, im Wechsel ist einer auf Landgang, der andere zwei bis drei Monate an Bord. Darauf muss man sich einstellen, aber ich bin ja damit aufgewachsen. Eine längere Zeit freizuhaben, ist sehr angenehm, aber man braucht sie auch, um die Batterien wieder aufzuladen. An Bord ist man ja 24 Stunden in Bereitschaft. Die Verantwortung gibt man erst ab, wenn man in den Urlaub geht.

Von Ihrem Leben erzählt der Film „Kapitäne“, bei dem Sie mitgewirkt haben. Jetzt am 30. Juli und am 20. August 2017 ist er in der Matinee um 11 Uhr im Abaton Kino zu sehen

In das Projekt bin ich zufällig reingerutscht. Ich bin einer von fünf Kapitänen, für die alle Hamburg der Heimathafen ist und die in dem Film Kapitäne von Frank und Lennart Stolp porträtiert werden. Das war mal etwas völlig anderes. Es gab Dreharbeiten an Bord, aber auch unsere private Seite wurde eingefangen. Den Filmemachern ist gelungen, aus uns Kapitänen gefühlvoll vieles herauszukitzeln. Es ist ein spannendes, schönes Projekt. Entstanden ist ein ruhiger Dokumentarfilm, der eine ganz eigene Sprache hat, ein Heimatfilm.

Wenn Sie denn im Urlaub Hamburg erleben, was wünschen Sie sich für die Stadt?

Für mich ist der Hafen Hamburgs Lebensader. Ein ganz brisantes und komplexes Thema ist da ja die Elbvertiefung. Dafür muss man einen vernünftigen Kompromiss finden, der dem Hafen, aber auch, wenn ich an meine Heimat Krautsand denke, den Anrainern gerecht wird. Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust.

Haben Sie ein Lebensmotto, ein Lieblingszitat, einen Lieblingsschnack.

Fair Winds. Das ist ein Seemannsschnack, der für mich auch privat wichtig geworden ist und bedeutet: gute Reise, aber auch viel Glück, mach es gut.

 

“KAPITÄNE“: DER Film!

 

Autorin: Herdis Pabst

Titelfoto: Ulf Wolter © Hapag-Lloyd Cruises

Foto: Ulf Wolter, Övelgönne © Frank und Lennart Stolp sam-medien.de

 

 

 

 

Schlagworte: Film, Kapitäne, Krautsand, Kreuzfahrt, Meer, Oevelgönne, Schiff, Seefahrt

 

26. Juli 2017 von Redaktion

Kategorien: Hamburg reist, Lebensfreude, Mein Hamburg

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