Bouldern

Levin Schilling: „Es verliert nur, wer keinen Spaß hat.“

Es gibt Menschen, die schnell die Wand hochgehen können. Levin Schilling gehört zu jenen, die das aus Leidenschaft tun – beim Bouldern.

Für jedes „Problem“ gibt es eine Lösung. Beim Bouldern muss man diese erkennen. Levin Schilling hat ein gutes Auge dafür, wie er eine Tour an einer Wand am besten meistern kann. Der 27-jährige Maschinen- und Flugzeugbaustudent aus Hamburg betreibt diese Variante des Klettersports. Er genießt den Moment, „wenn man am Fels in einer Route hängt, die am Limit der eigenen Fähigkeiten ist, und es läuft“.

Levin, es heißt: Übung macht den Meister. Wie waren Deine ersten Versuche?

Als mich ein Freund damals in die Kletterhalle mitgeschleift hat, ist in den Hallen noch kaum jemand wirklich zum Bouldern gegangen. Nur die richtig starken Leute hingen zu Trainingszwecken im Boulderraum herum. Wir hielten uns dort nur zum Aufwärmen für 10 bis 15 Minuten auf und zogen dann den Gurt an, um zum Seilklettern zu gehen.

Das war ein verhaltener Beginn.

Es hat aber nur ein paar Wochen gedauert, bis ich mich dann anderthalb Stunden „aufgewärmt“ habe und den Gurt schließlich ganz im Schrank liegen ließ. Die ungewöhnlichen, athletischen und kräftigen Züge, die das Bouldern ausmachen, waren von Anfang an interessanter für mich, als das Klettern am Seil.

Was macht für Dich den Reiz am Bouldern aus?

Die Frage nach dem Reiz ist nicht ganz leicht zu beantworten. Natürlich ist es für mich mittlerweile mehr als ein Sport. Viele meiner besten Freunde bouldern, meine Freundin habe ich über das Bouldern kennengelernt, und im Urlaub zieht es mich stets in verzauberte Wälder, in denen Felsbrocken herumliegen. Aber das Interessante ist, dass man gar nicht so tief darin verankert sein muss, um dem Bouldern zu verfallen. Die meisten Leute, die das erste Mal zum Bouldern gehen, kommen danach regelmäßig.

Warum ist das Deiner Meinung nach so?

Der Sport weckt auf eine spaßige Weise den Ehrgeiz, etwas Neues zu erreichen, eine neue Bewegung zu lernen oder den Mut aufzubringen, in drei Metern Höhe auf winzigen Tritten an der Wand entlang zu schleichen. Es ist dabei vollkommen egal, ob man gut oder schlecht, jung oder alt, Mann oder Frau ist. Jeder bouldert mit jedem und jeder lernt von jedem. Die Atmosphäre, die man somit in einer Boulderhalle erfährt, ist einzigartig und nicht mit kompetitiven Vereinssportarten oder anonymen Fitnessstudiobesuchen vergleichbar.

Bouldern lieber im Freien oder in der Halle?

Würde ich nicht in Hamburg, sondern in den Alpen wohnen, wäre ich vermutlich jedes Wochenende im Freien. Felsklettern ist großartig. Man ist den ganzen Tag draußen, bouldert in meist wunderschönen Landschaften an Felsblöcken, die einem die Natur dort hingelegt hat. Abends kocht man gemeinsam mit Freunden und trinkt Bier unter dem Sternenhimmel.

Was ist mit Indoor-Bouldern?

Auch Hallen haben ihren ganz besonderen Charme. Die Bewegungen, die in Hallen geschraubt werden, findet man nur äußerst selten am Fels. Dort wird nicht nur die Fingerkraft abgefragt, sondern auch Beweglichkeit, Koordination und Ideenreichtum. Es wird also auch in der Halle nie langweilig.

Was ist Dein persönlich schönstes Erlebnis beim Bouldern?

Der Moment, wenn man am Fels in einer Route hängt, die am Limit der eigenen Fähigkeiten ist, und es läuft. Man hat stunden- oder tagelang an den einzelnen Zügen gearbeitet und das Gefühl, ob man den Boulder klettern kann oder nicht, hat sich von „unmöglich“ zu „vielleicht, wenn ich noch ein bisschen mehr Gas gebe“ gewandelt. Man beginnt den Boulder und jeder Zug fühlt sich auf einmal leicht an. Das macht dann richtig Spaß!

Herrscht im Bouldern ein Konkurrenzkampf – oder ist es mehr ein Miteinander?

Ich würde sagen, es herrscht eine sehr gesunde Mischung aus 95 Prozent Miteinander und 5 Prozent Konkurrenzkampf. Der Konkurrenzkampf existiert eigentlich nur in den K.o.-Runden von Wettkämpfen, wenn es darum geht, zu gewinnen oder das Podium zu verfehlen. Aber selbst in diesen Phasen eines Wettkampfes geben sich die Athleten gegenseitig noch Tipps und feuern sich an. Kletterer haben meist eine sehr gemeinschaftliche Definition vom Siegen: Es verliert nur, wer keinen Spaß am Wettkampf hat.

Wie hast Du bei dem Wettkampf „Boulder bei die Fische“ im „Flashh“ Mitte Oktober abgeschnitten?

Ich glaube, dass ich Vierter geworden bin. Von den schönen Pokalen konnte ich jedenfalls leider keinen mitnehmen… (lacht)

Bestreitest Du regelmäßig Wettkämpfe – oder ist Bouldern für Dich nur ein Ausgleichssport?

Wettkämpfe sind mittlerweile ein fester Bestandteil des Sports für mich geworden. Sie motivieren mich, auf bestimmte Ziele hin zu trainieren. Funcups, also Wettkämpfe, die nicht vom Deutschen Alpen-Verein ausgetragen werden, sind ein hervorragendes Training, da man mit einer Vielzahl unbekannter Boulderprobleme konfrontiert wird. Offizielle Wettkämpfe wie Landesmeisterschaften und Deutsche Meisterschaften stecken den zeitlichen Rahmen von Trainingsphasen ab und sind neben dem vergnüglichen Aspekt auch ein prima Indikator für den persönlichen Fortschritt.

Interview: Markus Tischler
Bildbeschreibung Titelfoto: Boulder-Ass Levin Schilling: „Auch Hallen haben ihren ganz besonderen Charme“.

29. Dezember 2014 von Redaktion

Kategorien: Hamburg trainiert, Sportbegeisterung

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