Mein Hamburg: Lina Beckmann

Was lieben die Hamburger an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Schauspielerin Lina Beckmann, die im Ensemble vom Hamburger Schauspielhaus spielt.

Lina Beckmann begeistert im fünften Jahr die Zuschauer des Hamburger Schauspielhauses. Als „Rose Bernd“ ist sie dort zu sehen, in „Ab jetzt“, „Schuld und Sühne“ oder „Der goldene Handschuh“. Im Kino führt sie gerade ein Doppelleben: in dem Film „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“

Schauspieler sind ja viel unterwegs, leben häufig aus dem Koffer. Wie wichtig ist Ihnen ein Zuhause?

Es fiel mir immer schwer umzuziehen, von Bochum nach Zürich, von Zürich nach Köln, von Köln nach Hamburg. Hier in Hamburg ging es aber sehr schnell, dass ich Anschluss gefunden habe. Hamburg hat es mir sehr leicht gemacht.

Was hat Sie gereizt, nach Hamburg zu kommen?

Ich wusste, dass Intendantin Karin Beier ihr Ensemble von Köln nach Hamburg mitnehmen wollte. Es ist ein ganz tolles Team und ich bin auch ein bisschen anhänglich. Ich liebe die Kollegen sehr. Und von den Großstädten war wiederum Hamburg meine Wunschstadt.

Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Rollen aus?

Ich suche nicht aus. Im festen Ensemble bekommt man Rollen zugeteilt. Das ist ein toller Vorgang. Du bekommst eine Rolle und kannst schauen, was die mit dir macht. Beim Film ist das anders, da bekommt man Drehbücher zugeschickt und dann wird gefragt, ob man eine bestimmte Rolle spielen möchte. Ich suche dann immer nach dem Punkt, an dem der Funke beim Lesen überspringt, ob da etwas zündelt in meinem Herzen oder in meinem Kopf.

Wie erarbeiten Sie sich eine Rolle?

Meistens passiert beim Lesen ganz viel. Da entwickle ich erst einmal grundlegende Ideen, wie die Figur wohl läuft, wie sie sich bewegt, ob sie vielleicht einen Tick hat. Mit so einer Grundlage entwickelt man beim Proben Tag für Tag, Stunde um Stunde immer mehr und lernt die Figur allmählich kennen. Ich habe kein Schema, sondern lasse erst einmal alles auf mich wirken: den Raum, wer mit mir spielt, was entsteht. Das liebe ich schon sehr. Man beackert ja bei jeder Rolle auch immer ein großes, dramatisches Thema. Auf der Bühne spiele ich gerade die Rose Bernd von Gerhart Hauptmann, eine Frau, die ihr Kind umbringt.

 

Luisa (Lina Beckmann, Richard (Charly Hübner), Leopold (Benno Fürmann)

Jetzt haben Sie Ihre erste Hauptrolle in einem Film gespielt. Wie waren Ihre Erfahrungen damit?

Auf der Bühne spüre ich ganz viel durch den Körper, was das für eine Figur ist, die ich da spiele. Im Film ist die Arbeit eigentlich eine ganz andere. Bei dem Film „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ wollte die Regisseurin aber genau diese Herangehensweise vom Theater. Ich bin gespannt, wie der Film beim Publikum ankommt. Das Drehbuch hat mich gleich begeistert. Ich bin da mit Freuden in das Projekt reingesprungen. Als ich dann zugesagt hatte, habe ich mich im Nachhinein doch gefragt, ob ich die Doppelrolle wohl hinbekomme.

 

In dem Film tritt ja die Hauptfigur doppelt auf. Wie spielt man so etwas?

Die Hauptfigur Luisa ist durch Arbeit, Alltag und eine Affäre so gestresst, dass sie plötzlich einer psychischen Abspaltung ihres Ichs leibhaftig gegenübersteht, die sie Ann nennt. Am Anfang mochte ich Ann lieber, weil die sich mehr traute, am Ende tat mir Luisa leid, weil sie so kämpfen musste. Mir geht es darum, die Figuren aus mir selbst heraus lebendig zu bekommen. Die größte Herausforderung war, mit mir selber zu spielen, dann, wenn beide Figuren gleichzeitig im Bild zu sehen sind. Ich hatte einen Knopf im Ohr und durfte bestimmte Linien nicht überschreiten.

Sie spielen jetzt im Film, aber auch auf der Bühne häufig zusammen mit Ihrem Mann Charly Hübner.

Beim Spielen vergesse ich, dass er mein Mann ist. Wir konnten schon gut miteinander spielen, als wir noch kein ein Paar waren, vielleicht weil wir einen ähnlichen Humor haben. Aber es ist schön, die Mittagspausen zusammen zu verbringen und einander ab und zu mal auf die Schulter zu klopfen (lacht).

Werden Sie jetzt dem Theater untreu?

Ich fühle mich im Theater sehr wohl, ich mag es, ein vertrautes Team zu haben. Dort verbringt man bis zur Premiere acht Wochen jeden Tag zusammen. Da gehört es oft zum Konzept, dass sich die Gruppe findet. Beim Film hat man oft nur wenige Drehtage. Man kommt hin, kennt keinen, spielt ein paar Stunden und geht wieder. Wenn der eine den ersten Drehtag hat, während der andere schon fünfzehn hinter sich hat, kommen unterschiedliche Temperaturen zusammen. Dann braucht man etwas Zeit, muss die Takes öfter wiederholen, bis es den einen kleinen Moment gibt, in dem es funzt, in dem man einen Augenblick lang zusammen ist. Beim Film habe ich vielleicht noch gar nicht herausgefunden, was da alles möglich ist, wie viel man nur mit Blicken, nur mit einem Atmenzug oder vielleicht sogar nur mit Denken alles erzählen kann. Ich habe große Lust, das weiter zu erforschen, aber dafür das Theater aufgeben – nein.

Die meisten Abende stehen Sie auf der Bühne im Schauspielhaus. Bleibt da Zeit, die Stadt zu erleben? Haben Sie Lieblingsorte?

Es ist eine sehr sanfte, liebevolle Stadt. Ich habe noch nie in einer Stadt so viele Freunde gefunden wie hier, wobei ich nicht weiß, ob diese tollen Menschen überhaupt Hamburger sind. Auf jeden Fall leben sie hier. Ich liebe die Elbe und den Klövensteen. Da ist es wie auf dem Land. Ich finde es aber auch ganz toll, mal einen Abend durch Hamburg zu laufen, hier was zu essen, dort was zu trinken. Solche Abende, an denen ich mal Zeit habe, muss ich mir allerdings sehr gut aussuchen.

Haben Sie ein Lebensmotto, einen Lieblingsspruch oder Lieblingsschnack?

Eigentlich nicht, aber ich bin ein sehr positiver Mensch und glaube, wenn es dann mal nicht so gut läuft, dass es bald wieder bergauf geht, dass die Zeit alle Wunden heilt.

 

 

Autorin: Herdis Pabst
Titelfoto: Lina Beckmann © Matthias Baus
Foto: Lina Beckmann mit Charly Huebner und Benno Fuermann in „Fuehlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer“ © COIN FILM Svenja von Schultzendorff
Foto: Lina Beckmann (doppelt) in „Fuehlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer“ © COIN FILM Svenja von Schultzendorff

21. März 2018 von Redaktion

Kategorien: Hamburg inszeniert, Kulturgenuss, Mein Hamburg

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