Mein Hamburg: Hans-Joachim Flebbe

Was lieben die Hamburger an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Kinobetreiber Hans-Joachim Flebbe.

Schon als Kind war Hans-Joachim Flebbe kinobegeistert. Neben seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften gestaltete er das Programm in einem Kino in Hannover und legte damit den Grundstein zu seinem Kino-Imperium. In Hamburg führte er mit Broadway und Holi das Arthouse-Kino ein und kreierte mit dem CinemaxX die neue Form der Multiplex-Kinos. Inzwischen setzt Flebbe wieder auf Einzelkinos mit sehr hohem Standard. In Hamburg hat er solch ein Premium-Kino nun in der HafenCity eröffnet.

1983 haben Sie Ihr erstes Kino in Hamburg eröffnet. Wie sehen Sie Hamburg?

Ich komme aus Hannover, aber ich lebe seit 28 Jahren in Winterhude und kann mich wohl inzwischen als Hamburger bezeichnen. Hamburg ist eine Weltstadt, die einen unglaublichen Reiz hat. Durch meine Kinos bin ich viel unterwegs in Deutschland und kann es ganz gut vergleichen. In Hamburg geht es steifer und reservierter zu als in Berlin oder München. Immer wieder mal bin ich versucht, nach Berlin zu ziehen, weil die Stadt so aufregend ist und dort viel Neues passiert. Aber ich sehne mich immer wieder nach Hamburg zurück, hier fühle ich mich einfach wohl.

Mit dem neuesten Hamburger Kino, der Astor Film Lounge, bringen Sie Kinokultur in die HafenCity. Was hat das Kino zu bieten?

In der Astor Film Lounge bieten wir einem erwachsenen Publikum einen entspannten Kinoabend. Mit Pkw-Stellplätzen direkt unter und neben dem Kino und einer Bushaltestelle direkt vor der Tür. Mit einem exzellenten Service mit Begrüßungsgetränk und Bedienung am Sitzplatz. Mit bequemen Sitzen, bei denen man die Rückenlehnen zurückkippen und im Logenbereich auch die Füße hochlegen kann. Mit der besten Technik, die zurzeit im Kino möglich ist, 4K-Lasertechnik inklusive 3D-Projektion und dem Dolby Atmos Tonsystem, bei dem viele Lautsprecher, auch in der Saaldecke, einzeln angesteuert werden können, quasi 3D für die Ohren mit einem sehr realistischen Klang. Damit niemand in den Wohnungen nebenan und dem Hotel darüber gestört wird, wurden die Säle als Haus-in-Haus-Konstruktion akustisch abgeschirmt und federgelagert, wie bei der Elbphilharmonie. Und wir laden unsere Zuschauer zu  einem interessanten Programm mit europäischen Produktionen und gehobenen Mainstream-Filmen ein.

 

Sie haben die Hamburger Kinolandschaft entscheidend geprägt. Schon immer wollten Sie eine andere Art von Kino etablieren und haben auch viele alte Kinos renoviert. Was hat Sie angetrieben?

Nach dem Broadway Kino in der Gerhofstraße, das ja schon vor langer Zeit geschlossen wurde, kam das Holi in Hamburg-Hoheluft hinzu. Dann habe ich das Passage Kino in der Mönckebergstraße renoviert und das Neue Cinema im Steindamm eröffnet, das heute ein kleines Theater ist. Ich wollte den Zuschauern eine große Leinwand, bequeme Sitze und ein schönes Ambiente bieten. Damals existierten ja nur noch die sogenannten Schachtelkinos. Aber wenn man alte Kinos renoviert, kann man die Vorzüge moderner Kinoeinrichtungen nie so richtig herausstellen.

Deshalb haben Sie das Multiplexkino CinemaxX entwickelt und den Hamburgern an der Dammtorstraße ihren größten Kinosaal mit tausend Plätzen beschert?

Ja, so ist die Idee entstanden, die Säle um die größtmögliche Leinwand als vierte Wand herumzubauen. Zwanzig Jahre habe ich die Kette betrieben, 2008 bin ich dann ausgestiegen. Ich wollte wieder individuelle Kinos gestalten, Kinos, die anders funktionieren als ein Multiplexkino, in denen der einzelne Gast im Vordergrund steht. Ich wollte Kinos schaffen, in denen sich die Besucher wohlfühlen und einen entspannten Kinoabend genießen können.  Keine Schlangen, in denen man anstehen muss, keine verdreckten Sitze, keine Mitbesucher, die während des Films mit dem Handy telefonieren. Das war mir immer ein Gräuel.

Die Astor Lounge in Berlin war Ihr erstes Premiumkino, etliche Kinos dieser Art sind in anderen Städten dazugekommen, allerdings nicht in Hamburg. Hier haben Sie schließlich das Savoy Kino übernommen.

Das Kino am Steindamm war ein sehr schönes Projekt. Viele Jahre war aus dem Bewusstsein verschwunden, dass es dieses schöne Kino aus den Fünfzigerjahren mit der großen Leinwand noch gibt. Zwischenzeitlich war es zu einem Schachtelkino umgebaut worden, wurde eine Zeit lang als Lagerraum genutzt. Ich hatte überlegt, ob ich hier mein Astor-Lounge-Konzept verwirklichen könnte. Aber die Gegend rund um den Steindamm erschien mir nicht so geeignet. So fiel die Entscheidung, dort Originalfassungen zu zeigen, wie sie vorher im Streit’s liefen, das geschlossen wurde. Die Mitarbeiter von dort arbeiten heute alle im Savoy. Es ist heute das erfolgreichste Originalfassungskino in Deutschland.

Ums Wohlfühlen im Kino ging es Ihnen immer?

Mein Feind ist der Fernseher. Viele gucken sich zu Hause auf den Plattformen Serien an. Da muss das Kino etwas besonders bieten, um die Leute von der Bequemlichkeit des heimischen Sofas wegzulocken. Ich freue mich, wenn Menschen etwas unternehmen. Ich denke, wir haben mit der Astor Film Lounge einen neuen Standard entwickelt, den man nur in kleinen individuellen Kinos liefern kann. Es ist kein Massenbetrieb, also nicht wie bei McDonalds, sondern wie in einem guten Restaurant.

 

Was erhoffen Sie sich vom Standort Hafencity?

Wenn man hier wohnt, kann man fußläufig ins Kino um die Ecke gehen. Wir haben ein großes Foyer mit einer Bar. Da kann man sich auch hinsetzen, wenn man nicht ins Kino gehen will. Aber wir werden auch dazu beitragen, Besucher in die Hafencity zu bringen. Häufig verbindet man den Kinobesuch ja mit weiteren Unternehmungen, etwa in einem der vielen Restaurants essen zu gehen.

Ist Hamburg eine gute Kinostadt?

In Hamburg gibt es eine Vielzahl verschiedener Kinos, vom Abaton und Zeise, die ein anspruchsvolles Programm zeigen, bis hin zu den Multiplexen mit Mainstream-Filmen. Ich kann nicht sagen, dass die Hamburger sehr kinofreudig sind und mehr ins Kino gehen als die Münchner oder die Berliner. Aber die Hamburger sind sehr treu. Das erlebe ich im Savoy Kino, für das es ein internationales Publikum gibt. Ich hoffe, dass wir mit der Astor Film Lounge nun Menschen erreichen, die lange Zeit nicht mehr ins Kino gegangen ist. Die Hamburger sind neugierig auf Neues. Ich bin optimistisch, dass wir uns hier behaupten werden.

Wie sind Sie überhaupt zum Kino gekommen?

Ich bin schon als Kind gerne und viel ins Kino gegangen, und auch meine Eltern waren kinobegeistert. Als ich Wirtschaftswissenschaften studiert habe, fragte ich bei einem Vorstadtkino an, ob ich ein paar Filmvorschläge machen dürfte. Damals gab es noch keine Programmkinos. Wenn ein Film aus dem Kino raus war, war er weg. Mit meinen Vorschlägen war das Apollokino wieder ausverkauft. Der Besitzer, der eigentlich aufgeben wollte, machte mich zu seinem Partner. In Hamburg habe ich dann Gleichgesinnte getroffen, Werner Grassmann vom Abaton oder Gerd Fölster vom Magazinkino. Mit dem Geld,  dass ich im Apollo in Hannover verdient hatte, habe ich hier dann das Broadway eröffnet.

Was reizt Sie daran, Kino immer wieder neu zu erfinden?

Es ist eine sehr befriedigende Arbeit. Mir macht es Spaß, ein guter Gastgeber zu sein. Kino ist ein geselliger Ort, man geht raus, sitzt mit mehreren zusammen und leidet oder freut sich gemeinsam. Man spricht über Filme und geht meistens noch woanders hin, beispielsweise ins Restaurant. Wir werden ein tolles Programm anbieten. Mit den Filmverleihern haben wir schon vereinbart, Premieren mit deutschen und europäischen Künstlern auszurichten. Dafür hat das Kino genau die richtige Größe. Wir werden aber auch Opern- und Theater-Liveübertragungen zeigen. Es wird ein abwechslungsreiches Programm.

Lockt es Sie als Privatperson auch ins Kino oder wohin gehen Sie?

Ich gucke mir Filme oft privat im Savoy an. Ich besuche aber auch viel die Hamburger Theater und gehe gerne essen. Außerdem bin ein begeisterter Läufer. Jede Woche bin ich drei oder vier Mal rund um die Alster unterwegs. Wenn dann die Sonne untergeht, dann weiß ich, dass Hamburg meine Heimatstadt ist.

 

 

Autorin: Herdis Pabst
Titelfoto: Hans-Joachim Flebbe © Elena Zaucke
Foto: Großer Saal in der Astor Film Lounge HafenCity © Premium Entertainment GmbH
Foto: Clubkino in der Astor Film Lounge  HafenCity © Premium Entertainment GmbH

5. Dezember 2018 von Redaktion

Kategorien: Hamburg verwöhnt, Lebensfreude, Mein Hamburg

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