Andreas Lier: „Fotografieren war immer Teil meines Lebens.“

Fotograf Andreas Lier: „Stille kann laut sein“

Im Leben von Andreas Lier ist es die vergangenen Tage vermutlich ziemlich laut zugegangen. Davon darf man bei einem ausgehen, der gerade eine Vernissage in der Kulturgold Sichtbar vorbereitet. In einem Café in Ottensen hat der 47-Jährige ein Plakat an die Herren-Toilettentür geklebt. „Stille/Laut“ ist das Motto seiner Ausstellung und seiner Bilder. Man könnte vermuten: Der Mann hat echt Humor, an einer Tür zum stillen Örtchen, wo es auch mal laut werden kann, Werbung für seine Werke zu machen.

„Stille/Laut“ hat allerdings nichts mit dem Gang zum WC zu tun, obwohl es schon um Aufnahmen aus dem Leben geht. „Alles hat zwei Seiten“, sagt der Wahl-Hamburger. „Und Stille ist nicht einfach nur still.“ Oder auch: „Wenn ich Nachrichten sehe, bin ich manchmal sprachlos angesichts dessen, was in der Welt passiert. Und auch Sprachlosigkeit kann laut sein.“ Das will er mit seinen Bildern zeigen.

Mit zehn Jahren die erste Kamera bekommen

Geboren ist Andreas Lier in Würzburg. Er hat später 22 Jahre in München gelebt, dort Grafikdesign und Schauspiel studiert. „Fotografieren war aber immer Teil meines Lebens. Meine erste Kamera habe ich bekommen, als ich zehn Jahre alt war“, erzählt er. Doch entschieden hat sich Andreas Lier erst einmal für eine Karriere als Synchronsprecher und Schauspieler. Eine Arbeit, bei der man hin und wieder laut werden muss. Für die Eigenvermarktung.

Doch laut werden, das wollte Andreas Lier nicht. Die Anonymität sei ihm wichtiger gewesen. Aber auf der Straße nicht erkannt werden zu wollen, das lässt sich schwer mit einer erfolgreichen Schauspielerkarriere vereinbaren. Ebenso wie sein „Drang nach Freiheit“.

Hamburg war ein Neuanfang

„Ich war damals immer viele Monate mit einem VW-Bus unterwegs und wollte etwas von der Welt sehen.“ Was sich nach großem Abenteuer anhört, war für Andreas Lier aber auch eine Art Selbsttherapie. „Früher fiel es mir schwer, alleine zu sein. Fällt es oft noch. Aber diese vielen Stunden im Bus zwingen einen ja zur Selbstreflexion.“

2009 ist Andreas Lier nach Hamburg gezogen. „Es war Zeit für einen Neuanfang“, sagt er. „Aber Hamburg war Zufall. Ein Freund hat sich für einen Job beworben, da bin ich einfach mit.“ Nach nur einem Monat in der Hansestadt war ihm klar: „Hier bleibe ich.“

Ein Bauer auf einem Feld, Gewitterwolken ziehen auf: Das Bild hat Andreas Lier am 11. September 2001 aufgenommen.
Ein Bauer auf einem Feld, Gewitterwolken ziehen auf: Das Bild hat Andreas Lier am 11. September 2001 aufgenommen.

Angekommen ist er, nun muss er mit seiner Art der Bildsprache ankommen. Denn Andreas Lier weiß nicht nur, was er fotografieren will. Er weiß auch, was er nicht möchte. „Illustrierten-Fotografie, Sport und Politik.“ Einige Zeit habe er Prominente fotografiert. „Roter Teppich“, wie er sagt. Er kannte sich ja aus in der Schauspielszene. „Aber ich habe mich komisch dabei gefühlt, diese Bekanntschaften auszunutzen.“

Er beschäftigt sich lieber mit den „Normalos“. Das ist nicht immer einfach. Aber Andreas Lier hat einen Weg gefunden, Hemmschwellen zu beseitigen. „Ich gebe den Leuten die Gelegenheit, mich kennenzulernen. Meine eigene Brüchigkeit. Wenn sie sehen, dass ich nicht der große Macker bin, dann öffnen sie sich.“

Bildbeschreibung: Andreas Lier: „Fotografieren war immer Teil meines Lebens.“
Autor: Markus Tischler

16. Juli 2015 von Redaktion

Kategorien: Hamburg fotografiert, Kulturgenuss

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