Erfolg durch Anstand

Als studentischer Mitarbeiter hat Gunnar Geyer vor zwanzig Jahren am damaligen Hamburgischen Weltwirtschaftsarchiv begonnen. Als Thomas Straubhaar das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) gründete, war er wieder dabei. Eines seiner ersten Projekte am HWWI war die Etablierung eines Zentrums für gute Unternehmensführung in Indien. Dem Thema ist er bis heute treu geblieben: als Geschäftsführer des CLUB OF HAMBURG

Was hat Sie gereizt, die Geschäftsführung des CLUB OF HAMBURG zu übernehmen?

Es ist eine Non-Profit-Organisation, wie ja auch mein vorheriger Arbeitgeber, das HWWI, eine gemeinnützige GmbH war. Irgendwann lief beim HWWI alles. Ich aber bin jemand, der gerne etwas aufbaut, umstrukturiert, verändert, neue Ideen umsetzt. Ich habe das entsprechende Vorwissen, wie man eine gemeinnützige Organisation aufbaut. Und mit Thomas Straubhaar, einem der Stifter, arbeite ich schon seit meiner Studienzeit zusammen.

Welche Idee steht dahinter? Was möchten Sie bewegen?

Uns geht es um die Haltung von Führungskräften. Wir sind der Meinung, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und Anstand verbinden lassen. Wir haben nichts gegen Gewinne von Unternehmen, solange sie diesen Gewinn anständig erwirtschaften und darüber Auskunft geben können, wie er zustande gekommen ist. Der Erfolg ist sogar zwingend für Anständigkeit, denn wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ständig Angst um ihren Arbeitsplatz haben müssen, oder die Lieferanten darum bangen, ob ihre Rechnungen bezahlt werden, ist das kein anständiges Verhalten eines Unternehmens. Oder, wenn kein Mindestlohn gezahlt wird oder Kunden getäuscht werden. Das Thema Anstand hat Hochkonjunktur. Negativbeispiele wie die Autobranche überdecken allerdings, dass über neunzig Prozent der Unternehmer und Unternehmerinnen es mit dem Anstand ziemlich genau nehmen. Das sind vor allem die kleineren und mittelständischen Unternehmen.

Wie definieren Sie den Begriff Anstand?

Wir definieren den Begriff Anstand in der Tradition des “Ehrbaren Kaufmanns“, die in Hamburg ja mit der “Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns“ gepflegt wird. Anstand hat für uns vier Facetten: Eine Führungskraft hat durch ihren Werdegang und Erziehung eine Werteorientierung, steht auf dem Boden des Grundgesetzes, achtet die Menschenwürde, vielleicht auch verbunden mit einem Religionsbekenntnis. Die zweite Facette: Die Führungskraft muss anständig handeln wollen. Die dritte Facette: Das Unternehmen muss von seiner Unternehmenskultur her zulassen, dass Führungskräfte anständig handeln können. Die vierte Facette ist besonders wichtig: Was anständig ist, definiert die Gesellschaft.

Sie plädieren für Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung. Wie könnte das funktionieren?

Der Anstandsbegriff ist im Wandel, dadurch, dass sich unsere Gesellschaft weiterentwickelt und von den Unternehmern verlangt, Verantwortung zu übernehmen, etwa für ihre Mitarbeiter, für die Umwelt, für das Klima. Wir wollen für die anständigen Unternehmer und Unternehmerinnen eine Lobby schaffen. Dafür braucht es die Stiftung, um jedes Unternehmen, egal ob es schon anständig ist oder erst am Anfang dieses Prozesses steht, mitzunehmen, zu informieren und zu unterstützen, Unternehmensverantwortung zu übernehmen. Nur so bekommen wir gesellschaftlichen Fortschritt.

Sie vergeben ein Gütesiegel “Erfolg mit Anstand“ und planen den DEX Deutscher Ethik Index? Was ist darunter zu verstehen?

Mithilfe unseres Bewertungstools prüfen wir Unternehmen in Gesprächen mit Führungskräften und Mitarbeitern auf allen Ebenen auf Herz und Nieren. Es geht darum, ob ein Unternehmen die Rahmenbedingungen geschaffen hat, dass alle im Unternehmen sich anständig verhalten müssen und können und alle die unternehmenseigene Definition von anständigem Verhalten kennen und leben. Das Prüfverfahren wird von dem externen Auditunternehmen DQS GmbH – Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen durchgeführt. Ein ebenfalls von der Stiftung unabhängiger Zertifizierungsausschuss entscheidet dann anhand des Prüfberichts der DQS, ob das Unternehmen das Gütesiegel bekommt, und auf welchem Level. Für die Listung im DEX ist ein zusätzliches Rating nötig. Wir haben sämtliche Vorkehrungen getroffen, dass zum Beispiel eine Spende an unsere Stiftung die Vergabe nicht auslösen kann.

Wie wappnen Sie sich vor Missbrauch des Zertifikats?

Wir werden nicht bis ins letzte Detail alles prüfen können. Es geht um vier Themen: um ökonomischen Erfolg und die ökologische, soziale und ethische Bilanz. Wenn es etwa um ein Gesetz geht, das Abgaswerte reguliert, könnte ein Unternehmen fragen, wie können wir dieses Gesetz weitgehend umgehen, ohne dass es illegal wird. Es könnte aber auch fragen, was der Gesetzgeber erreichen wollte: Klimawandel verlangsamen, die Menschen in den Städten vor Rußpartikel und Stickoxiden schützen. Wie man das betrachtet, ist eine Frage der Unternehmenskultur. Wenn das Unternehmen bereit ist, Prozesse zu verändern, damit Fehlverhalten nicht mehr auftritt, dann ist das für uns ein Indiz für ein anständiges Unternehmen. Und mit Verlaub, Unternehmenskultur fängt ganz oben an, beim Eigentümer. Immerhin haben sich 104 Länder mit der Norm ISO 26 000 auf sieben Prinzipien für verantwortungsvolles Unternehmertum geeinigt. Die Basis ist auch global gelegt.

Sie orientieren sich an dem Begriff „Ehrbarerer Kaufmann“. Was würden Sie sich für Hamburg wünschen, haben Sie eine Vision für die Zukunft?

Vier unserer Gründungsstifter kommen aus Hamburg. Wir stehen in engem Kontakt mit der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns, mit vielen Unternehmen aus der Metropolregion. Es wäre schön, wenn unsere Bewegung, die ja von Hamburg ausgegangen ist, auch ein Merkmal der Stadt würde. Mein Blick in die Zukunft ist optimistisch. Unsere Vision ist, dass Unternehmen den Deutschen Ethik Index wollen, weil das ein Unternehmen reif macht für die Herausforderungen der nächsten 20 Jahre.

Sie sind in die Nähe von Kitzbühel gezogen, obwohl der CLUB OF HAMBURG seinen Sitz in Hamburg hat.

Mein Umzug nach Österreich ist familiär bedingt. Bei vier Kindern weiß ich inzwischen eine ländliche Umgebung zu schätzen, sogar die Berge, obwohl ich eher ein Fan des Meeres bin. Aber ich bin regelmäßig alle zwei bis drei Wochen in Hamburg und habe festgestellt, dass es viele Verbindungen zwischen Hamburg und Tirol gibt.

Wie erleben Sie Hamburg, wenn Sie hier sind?

Wenn sich für mich wieder ein Umzug in eine deutsche Großstadt ergäbe, dann wäre Hamburg meine erste Wahl. Ich genieße immer wieder, Hamburgs Weltoffenheit, aber auch die grüne Stadt. Wenn die Arbeit hier im Büro es zulässt, drehe ich hier auch regelmäßig meine Joggingrunden um die Außenalster.

Haben Sie ein Lebensmotto, ein Lieblingszitat oder Lieblingsschnack?

Wenn etwas so nicht geht, geht etwas anderes. Ich möchte mobil bleiben, nicht nur im physischen Sinne, sondern vor allem im Kopf.

 

 

Autorin: Herdis Pabst
Foto: © Gunnar Geyer

18. April 2018 von Redaktion

Kategorien: Entscheider, Hamburg verbindet, Tatkraft

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