100 Jahre Stadtpark

100 Jahre Stadtpark – Grillwiesen oder Bildungspark?

Der Stadtpark wird 100. Was bedeutet er den Hamburgern heute? Eine sehr persönliche Annäherung von Anja-Katharina Riesterer.

Stadtpark – für mich waren das bisher ein paar grüne Wiesen, der See und der Rosengarten. Jeden Sommer „grille und chille“ ich mit Freunden dort und schau den Jungs beim Kicken zu. Mehr nicht.

Dass vielerorts Skulpturen stehen, ist mir nie bewusst aufgefallen. Am 1. Juli wird der 1914 eröffnete Stadtpark 100 Jahre alt. Ich habe ihn mir aus diesem schönen Anlass, der mit etlichen Veranstaltungen gebührend gefeiert wird, einmal genauer angeschaut. Nun weiß ich, dass er mehr ist als Wiesen und Wasser – ein richtiger Bildungspark. Zumindest sollte er das einmal sein.

Die Hamburger Bürger wollten ein großes öffentliches Areal, um stadtnah ins Grüne zu können. Treibende Kräfte in Politik und Verwaltung waren Fritz Schumacher, Leiter des Hochbauamts und später Oberbaudirektor, Otto Linne, damals Gartenbaudirekto, und Alfred Lichtwark, Kunstpädagoge und erster Direktor der Hamburger Kunsthalle.

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Insbesondere für die vielen Fabrikarbeiter wollte Schumacher einen Ort der Entspannung und der Bildung schaffen. „Möge die lebendige Kraft, die diesen Bildwerken die Gestalt gegeben hat, auch dir helfen, deinen Augen das bewegte Leben zu erschließen“ schrieb Schumacher über die Kunstwerke im Stadtpark.

Heute stehen noch 22 Skulpturen auf dem rund 148 Hektar großen Areal in Winterhude. Die schönste ist für mich „Die Badende“ von Reinhold Begas, eine inzwischen grünlich gefärbte Bronzeplastik aus dem Jahre 1926. Man findet sie nahe des Planschbeckens in der Parkmitte.

Viele Sportveranstaltungen, noch mehr Zuschauer

Auch musische und sportliche Events gehören seit jeher zum Stadtpark. Historische Filmaufnahmen aus Jürgen Kinters Videofilm „Die unaufhörliche Stadtparklust“ zeigen Motorsportrennen auf der Jahnkampfbahn. Die Bahn bildet noch heute am nordwestlichen Rand den sportlichen Parkfixpunkt. Im Film sieht man große Menschenmassen, alle Köpfe folgen synchron den Fahrzeugen und niemand guckt auf ein Smartphone. Muss wirklich schön gewesen sein, sich ganz einer Sache zu widmen.

100 Jahre Stadtpark

Beeindruckend waren auch die Stadtparkbauten, die leider größtenteils nicht mehr stehen. Sie wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und nicht wieder aufgebaut. Direkt am See gab es zum Beispiel die Stadthalle für über 10.000 Gäste, mit Seeterrasse und riesigen Arkaden.

Das dunkle Kapitel der Kriegszeit ist auch am Stadtpark nicht vorbeigegangen. Die Nationalsozialisten nutzten die Festwiese für Kundgebungen und errichteten dort auch militärische Gebäude und Stellungen mit Flugabwehrkanonen (Flak).

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden von den Alliierten auf der Festwiese Wellblechhütten als Notunterkünfte für Ausgebombte errichtet. Die so genannten „Nissenhütten“ (benannt nach dem kanadischen Ingenieur und Offizier Peter Norman Nissen) standen bis 1952.

Wo sind all die bunten Blumen hin?

Die historischen Filmaufnahmen zeigen neben den architektonisch attraktiven Gebäuden, so etwa das Planetarium , auch buntblühende, liebevoll bepflanzte Wege. Heute fehlt der Stadt Hamburg dazu angeblich das Geld. Ich denke, dass es vor allem eine Willensfrage ist.

Nun kämpft der 2001 neu gegründete Stadtpark Verein für pflanzliche und kulturelle Verschönerungen, damit aus dem historischen Grund keine gewöhnliche städtische Grünanlage wird.

100 Jahre Stadtpark

Die 2. Vorsitzende Susanne Gabriel findet aber auch, dass die Hamburger selbst mehr für ihren Park tun könnten. „Zumindest kann man seinen Müll mitnehmen und aufpassen, dass die Wiese nicht von Einweggrills kaputtgemacht wird.“

Für meine Freunde und mich wäre es toll, wenn die „Milchwirtschaft“ wieder aufgebaut würde, ein niedliches Reetdachhaus im Norden. Wir würden bestimmt manche Abendstunde bei einem Milchgetränk verbringen, denn „Schumachers Biergarten“ am See ist immer viel zu voll.

Zu viel Kommerz im Stadtpark

Auch fragen wir uns oft, warum die Stadtparkflächen, die doch allen gehören, so stark kommerzialisiert und für Unternehmens-Promotion genutzt werden. Die Open-Air-Konzerte werden immer teurer, durchschnittlich 50 Euro. Immerhin treten dort Größen wie Nena und Limp Bizkit auf.

Mich hat’s dort aber bisher nie hingezogen. Und seitdem ich weiß, was für eine Kulturstätte unser Stadtpark ist, findet man mich eher auf Streifzügen bei den Skulpturen oder beim Fotografieren im Rosengarten.

Autorin: Anja-Katharina Riesterer

Die 90-minütige DVD „Die unaufhörliche Stadtparklust“ kostet 15,00 Euro. Erhältlich über die Geschichtswerkstatt Barmbek oder das Medienpädagogik-Zentrum Hamburg. 30. Juni 2014 von Redaktion

Kategorien: Hamburg grünt, Lebensfreude

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