Vor 70 Jahren: Frauenpower in der Bürgerschaft

Rita Bake, stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung, lädt mit einer interessanten Broschüre „Frauen der ersten Stunde“ zu einer Zeitreise ins Hamburg der Nachkriegszeit. Die erste freie Bürgerschaftswahl im Oktober 1946 war eine Sensation: 18 Prozent der 110 Abgeordneten waren weiblich und mit Paula Karpinski  zog sogar eine Frau in den Senat ein. Erst 1918 hatten Frauen sich das Wahlrecht in Deutschland erkämpft und saßen in der Weimarer Republik auch in den Parlamenten. Während der Nazizeit wurden sie daraus wieder verbannt. Bis heute, also ganze 70 Jahre, hat es gedauert, diese Zahl wenigstens auf 39 Prozent zu verdoppeln.

Die wichtigsten Themen waren weiblich

Im zerbombten Hamburg standen Überlebensfragen im Mittelpunkt: Essen, Kleidung, Wohnen – Kernkompetenzen der Frauen. Und sie waren es, die jetzt in der Bürgerschaft saßen. „Die Frauen wurden in den Debatten von den Männern erhört“, weiß Rita Bake, denn von diesen sogenannten Frauenthemen waren alle betroffen. Der Wiederaufbau konnte nur gelingen, wenn die Menschen einigermaßen bei Kräften waren.

Frauen ins Licht der Öffentlichkeit gestellt

In der Broschüre zeichnet Rita Bake die Biografien der 17 Frauen in der Bürgerschaft nach und erzählt davon, wie sie sich tatkräftig eingemischt haben in eine Gesellschaft im Ausnahmezustand. Das Anliegen der promovierten Historikerin war immer, Frauen einen Platz in der Geschichte zu geben, für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung zu kämpfen.

 

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Lebendige Geschichte – ein Gedächtnis unserer Stadt

Sie hat zahlreiche Publikationen veröffentlicht. Die allerneueste aus der Reihe „Einsichten“ handelt „Von realen und idealen Frauen im Hamburger Rathaus“. Sie hat szenische Rundgänge durch die Stadt entwickelt, die auf lebendige Weise die Geschichte der Stadt und natürlich auch Frauengeschichten erzählen. Der nächste ist für Juni 2017 geplant und wird vom Lessingdenkmal am Gänsemarkt zum Schillerdenkmal vor dem CinemaxX am Dammtor führen. Sie hat  Datenbanken konzipiert, zu Frauenbiografien und mit dem Projekt „Die Dabeigewesenen“ zur NS-Geschichte. In dem dreibändigen Werk „Ein Gedächtnis der Stadt“ hat sie all jenen Frauen und Männern aufgelistet, nach denen Straßen und Plätze in Hamburg benannt sind. Sie schreibt daran fort, es ist nutzbar für jedermann. Und auch eine Beteiligung ist möglich.

 

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Rita Bake

Der Garten der Frauen

Eines ihrer größten Projekte aber ist der „Garten der Frauen“ auf dem Ohlsdorfer Friedhof, ein Ort der Erinnerung mit historischen Grabsteinen von Gräbern bedeutender Frauen und eine letzte Ruhestätte für Frauen. Hierbei fließen zwei Themen zusammen, die sie seit ihrer Jugend bewegen: die Auseinandersetzung mit Frauenschicksalen sowie mit Leben und Tod.

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Autorin: Herdis Pabst

Titelfoto: Rathaus Hamburg, Innenhof © HAMBURGschnackt.de

Beitragsfoto Komposition: Andrea Orth
Quellen obere Reihe: Bürgerschaftskanzlei, Parlamentsdokumentation (PD); Staatsarchiv Hamburg (StaHH); PD; StaHH; StaHH; StaHH; StaHH; PD
Quellen untere Reihe: PD; aus: Der erste deutsche ZONTA-Club. Auf den Spuren außergewöhnlicher Frauen, Traute Hoffmann, Hamburg 2002; StaHH; Privat; aus: Der Garten der Frauen. (…), Rita Bake, Hamburg 2013; StaHH; PD; Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)/FES; PD

Foto Rita Bake: © Garten der Frauen/Lindemann

Foto Friedhofs-Engel: © HAMBURGschnackt.de

23. November 2016 von Redaktion

Kategorien: Hamburg regiert, Stadtliebe

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