Mein Hamburg: Reinhard Scheiblich

Was lieben die Hamburger an ihrer Stadt – und was nicht? Was bewegt ihr Leben oder was wollen sie bewegen? Menschen erzählen über ihre Leidenschaften, Lieblingsorte und ihr Leben in unserer Metropole. Wir fragen Reinhard Scheiblich, der für seine Fotografien von Leuchttürmen berühmt ist.

Der Fotograf ist in Finkenwerder groß geworden. Reinhard Scheiblichs Spezialgebiet sind Leuchttürme, sogar für Briefmarken. Die Türme an Nord- und Ostsee gehören längst alle zu seinem Portfolio, die an der Elbe sind sein nächstes Projekt

Sie fotografieren Leuchttürme. Wie finden Sie denn die Hamburger?

Der Stahlturm in Wittenberge ist ein Klassiker und gehört in mein neues Buchprojekt über Leuchttürme an der Elbe. Meine Lieblingsleuchttürme sind allerdings der Staberhuk auf Fehmarn, ein knuffiger Backsteinbau mit einer interessanten Laterne. Der Maler Ernst Ludwig Kirchner hat mehrfach zwischen 1908 und 1914 in der Nähe des Leuchtturms gewohnt und gemalt. Es sind berühmte Bilder entstanden. Der andere ist der von Westerheversand. Es ist ein weiß-roter Turm mit zwei charakteristischen Wärterhäuschen an der Seite. Der Turm steht auf einer Warft vor dem Deich. Bei einem Wasserstand von 1,80 Metern wird er zur Insel. Dort habe ich den letzten Leuchtturmwärter kennengelernt und viel über den Beruf erfahren, den es leider nicht mehr gibt.

Wie ist dieses Interesse entstanden?

Als Fotograf habe ich vor dreißig Jahren zusammen mit dem Historiker Eckardt Opitz einen Bildband über die Landesgeschichte Schleswig-Holsteins gemacht. Bei einer der Fotoexkursionen habe ich den Leuchtturm Westerheversand entdeckt. Als ich dem Verleger einige dieser Fotos zeigte, wurde die Idee zu einem Bildband über Leuchttürme geboren. Ich habe dafür in Archiven und Museen recherchiert, historisches Bildmaterial gesammelt und mit ehemaligen Leuchtfeuerwärtern gesprochen. Fünf Jahre hat es gedauert, bis das Buch fertig war. Die Nachfrage war sehr groß. Inzwischen habe ich sechs Bücher über Leuchttürme produziert, das siebte ist gerade in Arbeit.

Es gibt nicht nur diese Bildbände, von Ihren Leuchttürmen gibt es auch eine Briefmarkenedition.

Mich hatte der Dortmunder Grafikdesigner Johannes Graf angesprochen, ob ich Interesse hätte, mich an einer Ausschreibung des Bundesfinanzministeriums für vier Leuchtturmbriefmarken zu beteiligen. Er hatte die Idee, anstelle von Grafiken Fotos zu verwenden. Wir waren erfolgreich. Viele Leuchtturmbriefmarken sind bisher erschienen. Es ist die erfolgreichste Sonderbriefmarkenserie, die die Post je herausgebracht hat.

Haben Sie nicht längst alle deutschen Leuchttürme fotografiert?

Das stimmt, aber wenn die Türme für das nächste Jahr feststehen, fotografiere ich sie neu, um auch dem kleinen Format gerecht zu werden. Da gelten eigene Gesetze. Wir haben den Maßstab festgelegt. Dafür fotografiere ich immer aus Augenhöhe und mit einer langen Brennweite, damit es keine perspektivischen Verzerrungen gibt. Außerdem versuche ich immer, den Charakter der Landschaft einzufangen.

Was fasziniert so an den Türmen?

Ich habe mir da sehr viele Gedanken gemacht. Die Faszination entsteht aus dem Umfeld mit Strand und Meer und dem Charakter des Bauwerks, das da so alleine steht, in gewisser Weise neutral, keiner Religion, keiner Ideologie, keiner Politik verpflichtet. Auch wird der Beruf des Wärters ein wenig glorifiziert als der einsame Mann,  der da oben immer das Licht anzündet. Da geht es sehr um maritime Romantik. Ich habe beobachtet, dass Leuchttürme immer da stehen, wo es an der Nord- und Ostseeküste einfach am schönsten ist. Ich kann alle zwei Tage zum gleichen Leuchtturm fahren, und es gibt immer eine andere Situation, ein anderer Himmel, ein anderes Licht.

Interessieren Sie auch andere Motive, zum Beispiel in Hamburg?

Ich bin durch und durch Hamburger und habe eine ganz tiefe Beziehung zu dieser Stadt. Ich finde sie unheimlich schön und habe so meine Ecken, wo ich mich immer wieder gerne aufhalte wie im Museumshafen, in Neumühlen oder auf der Fleetinsel. Aber Hamburg ist für mich kein Fotomotiv. Wenn ich irgendetwas fotografiere, möchte ich, dass es von anderen angeschaut wird, möchte es mit anderen teilen. Hamburg aber gehört vom Visuellen mir allein. Ich hätte das Gefühl, die Stadt mit Fotografien zu missbrauchen.

Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Ich wollte Maler werden, doch dann habe ich mir nicht zugetraut, mich bei einer Kunstschule zu bewerben. Stattdessen habe ich die Hamburger Fotoschule besucht, die es heute nicht mehr gibt. Nach sieben Jahren in der Werbung bin ich in die Wissenschaftsfotografie gegangen, an der Helmut-Schmidt-Universität.

Sie haben auch Unterwasserfotografie betrieben?

Wie sich andere Kinder für Karl May interessierten, las ich die Bücher von Hans Haas und sah seine Filme. Unterwasserfotografie – das wollte ich auch machen. Später habe ich tauchen gelernt, mir ein Gehäuse für meine Kamera gebaut und mit meinem ersten Foto in der Ostsee – einem Dorsch, der einen anderen Fisch verschlingt, einen Preis gewonnen. Als freier Fotograf für die Zeitschrift “tauchen“ bin ich rund um die Welt gereist. Nur nach Australien bin ich leider nie gekommen. Es war eine tolle Zeit und auch Hans Haas habe persönlich kennengelernt.

Inzwischen beschäftigen Sie sich aber auch mit Kunst.

Ich mache Foto-Grafiken. Dazu nehme ich aus meinen Fotografien einen kleinen Ausschnitt, zerlege ihn digital und baue ein Bild in neuen Schichten auf. Es ist wie Komponieren. Was entsteht, ist nicht wiederholbar. In meinen Ausstellungen kamen die Bilder gut an, Verkaufserfolge sind sie noch nicht.

Sie sprachen von Ihrer Liebe zu Hamburg. Was würden Sie sich für die Stadt wünschen?

Ich wünsche mir Weiterentwicklungen auf der Basis von Hamburgs Traditionen. Die Hafencity finde ich spannend, aber auch die alten Kaufmannshäuser oder die Villenvororte. Das hat sehr viel Charme. Ich habe viele Städte gesehen und möchte doch in oder bei keiner anderen wohnen. Mein ganz persönlicher Wunsch wäre eine Ausstellung im Maritimen Museum.

Haben Sie ein Lebensmotto, ein Lieblingszitat oder Lieblingsschnack?

Ich habe eine große Bindung zu Hafen, Elbe und Schiffen. Ein Spruch, der dies widerspiegelt: „Das Wasser ist dazu erschaffen, die wunderbaren schwimmenden Bauwerke zu tragen, die man Schiffe nennt“ (Francois Fénelon, 1651 – 1715).

 

 

 

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Autorin: Herdis Pabst 2017/aktualisiert Redaktion 2022
Fotos: Leuchtturm Dornbusch Hiddensee/Reinhard Scheiblich Porträt © Reinhard Scheiblich

3. Mai 2017 von Redaktion

Kategorien: Hamburg fotografiert, Kulturgenuss, Mein Hamburg

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1 Kommentar
  1. Karin Fichtel 3 Jahren her

    Herrn Reinhard Scheiblich, gerade habe ich im NDR Fernsehen die Sendung von den Leuttürmen gesehen. Auch mich interessieren diese Türme sehr, da ich ein echt „Travemünder Kind“ bin, allerdings jetzt schon ein Enkelkind haben könnte. In Travemünde hat sich leider sehr viel zum Nachteil verändert (es gehört ja seit Jahrhunderten zu Lübeck und deshalb haben die „Lübecker“ das Sagen und verdienen an unserer Stadt mit der der „besonderen“ Lage. – Nun zu den Leuchtürmen: Travemünde hat den ältesten Leuchturm Deutschlands ! Doch auf einer Briefmarke habe ich ihn nicht gesehen. Wahrscheinlich, weil das hässliche Maritim-Hochhaus diekt daneben, ihn total verdeckt, genau wie die kleine Mole, die ja auch nicht soviel Städte besitzen. Es ging damals ,vor dem Bau des Hotels ein „Aufschrei“durch unsere Stadt, als wir hörten,dass neben unserem gemütlichen Backsteinturm gleich nebenan ein Hochhaus entstehen sollte, weil Lübeck durch die Touristen tüchtig Geld verdienen wollte. Aber es ist nun passiert, doch vergessen und verdrängen sollten wir unseren geschichtsträchtigen Leuchturm nicht (nicht auf Briefmarken bzw. ihn nur nebenbei erwähnen, auch wenn er nicht mehr seine ursprüngliche Funktion erfüllen kann). Er hat sein Rentenalter längst erreicht, doch ist er eine Antiqität unter den Leuchtürmen.

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