Horizontweg Energieberg

Drachenkämpfer auf dem Energieberg

Der Blick ist atemberaubend. Doch der Energieberg eröffnet nicht nur neue Horizonte. Hier schlummert ein „gebändigter Drache“.

Es gibt Sehenswürdigkeiten, die sieht man erst dann, wenn man mit der Nase darauf stößt. Wie den Energieberg in Georgswerder zum Beispiel, der zwar rund 40 Meter in die Höhe ragt und dennoch leicht zu übersehen ist. Und so fallen einem bei der Annäherung als erstes die beiden großen Windräder auf, die sich vor dem tiefblauen Himmel abheben.

Wer den Weg zum Gelände an der Fiskalischen Straße gefunden und schließlich die Treppenstufen hinauf zum „Gipfel“ erklommen hat, dem aber könnte vermutlich die Luft wegbleiben nach dem Betreten des Horizontweges. Nicht der Anstrengung sondern des Ausblicks wegen. Im Norden zeigt sich Hamburgs Skyline im Breitwandformat und für einen Augenblick lässt einen die Aussicht womöglich vergessen, dass man auf einem gefährlichen Berg steht. Womöglich sogar auf einem der gefährlichsten Berge dieser Erde. Geschaffen von Menschenhand.

Volker Sokollek
Dr. Volker Sokollek vor einigen der 450 Mess- und Überwachungseinrichtungen auf dem Energieberg.

„Der gebändigte Drachen“ heißt es in dem Film, welchen sich die Besucher Informationszentrum ansehen können, um zu erfahren, was sie von oben nicht sehen können. „Ich weiß nicht genau, von wem diese Bezeichnung kommt“, sagt Dr. Volker Sokollek, der von 1988 bis 2013 quasi für den Energieberg zuständig war. „Aber ich glaube, diesen Berg mit einem Drachen zu vergleichen, ist gut und veranschaulicht das Wesentliche des Berges auch für Kinder ganz gut.“

Sieben Millionen Kubikmeter Müll unter den Füßen

Und doch braucht es einen Blick zurück in die vergangenen Jahrzehnte um zu verstehen, warum man es hier mit einem „Drachen“ zu tun hat. Der Energieberg ist, platt ausgedrückt, nichts weiter als ein riesiger Haufen Müll mit einem Gesamtvolumen von sieben Millionen Kubikmetern, begraben unter einer dicken Erdschicht.

Die Entstehungsgeschichte beginnt drei Jahre nach dem II. Weltkrieg, als Trümmer aus der zerstörten Stadt nach Georgswerder gebracht werden. Später folgen Sperr- und Hausmüll – und von 1967 bis 1974 rund 200.000 Tonnen Sonderabfälle. Als die Deponie 1979 geschlossen und abgedeckt wird, gibt es Pläne, dort ein Naherholungsgebiet entstehen zu lassen. Selbst über einen Skilift wird nachgedacht.

Vom Giftberg zum schutzwürdigen Biotop

Das Ende für alle diese Ideen kommt 1983, als in Sickerflüssigkeiten das extrem giftige „Seveso-Dioxin“ nachgewiesen wird. „Es wurde damals binnen eines Jahres ein Sanierungsplan erstellt“, erzählt Dr. Volker Sokollek und verweist auf die Pionierarbeit seiner Vorgänger, die sich an keinem adäquaten Vorbild orientieren konnten: „Man hat tatsächlich Neuland betreten.“

Horizontweg
Rund 900 Meter lang ist der Horizontweg, der seinem Namen alle Ehre macht.

Die Bauarbeiten dauerten von 1986 bis 1995, die Errichtung des rund 900 Meter langen Horizontwegs wurde allerdings erst im Rahmen der Planungen für die Internationale Bauausstellung 2013 beschlossen. Das mittlerweile die Stadtreinigung Hamburg für den Energieberg verantwortlich ist, ändere nichts daran, dass er hin und wieder angerufen werde, sagt der 66-jährige Ruheständler und macht keinen Hehl daraus, stolz darauf zu sein, was er hier mitgeschaffen hat. „Hier zeigt sich eine beispielhafte Leistung der Deponiesicherung. Und schließlich ist das Gelände zu einem Biotop geworden, das für Naturfreunde sehr interessant ist.“

Und dennoch verweist Dr. Volker Sokollek darauf, dass die Arbeit für seine Nachfolger weitergeht. „Dieser inzwischen so schön und interessant gestaltete Aussichtsberg muss als ‚gebändigter Drache“ über Jahrhunderte weiter fachkundig überwacht und letztendlich irgendwann einmal beseitigt werden.“ Wer kann, sollte bis dahin die Aussicht genießen.

Autor: Markus Tischler

12. August 2014 von Redaktion

Kategorien: Hamburg schützt, Tatkraft

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