Die zwei Hamburg-Jahre der Beatles erzählt „Backbeat“ im Altonaer Theater. Mit ganz viel Musik – und beinahe echten Pilzköpfen.
In der Heimat Liverpool läuft das Band-Geschäft nicht an, auf dem Hamburger Kiez hingegen schon. Die Beatles spielen 1960 im Indra vor zwielichtigem Publikum, später im Kaiserkeller und im Top Ten Club. In Hamburg entstehen ihr typisches Auftreten, die Idee zu den Pilzkopf-Frisuren sowie erste professionelle Fotoaufnahmen. Und es gibt die erste Platte.
Begleitet von den Songs der ersten Jahre, darunter „Love me do“ und „Twist and shout“, erzählt „Backbeat“ die Hamburg-Geschichte der Beatles. Mit seiner Crew hat Regisseur Franz-Joseph Dieken die Originalbesetzung perfekt nachgeahmt. Sie sind zurück in der Stadt, inklusive Pilzfrisuren. Grundlage für das Stück, das aufgrund der gesprochenen Dialoge kein Musical ist, war ein Spielfilm aus dem Jahre 1994. Im Altonaer Theater war jüngst die deutsche Erstaufführung.
Ein Schweizer ist der Held des Abends
Eiko Keller in der Rolle des John Lennon gibt den arroganten Bandleader, der es am liebsten hat, wenn alles nach seiner Pfeife tanzt. Im entscheidenden Moment springt er für seine Jungs dennoch in die Bresche. Mit einem überheblichen Lächeln (wie Florian David Fitz) ist er der klassische Frauenheld.
Rein optisch würde Kollege Delio Malär als Paul McCartney neben ihm untergehen, er ist deutlich schmächtiger. Aber musikalisch haut er derart auf den Putz, dass er ständig Zwischenapplaus bekommt, insbesondere für seine Imitation der französischen Chansongöttin Edith Piaf. Entzückend ist auch sein leichter Schweizer Akzent.
„Bambi“ und ein Maler bei den Beatles
Stuart Sutcliffe, gespielt von David Nádvornik, der eigentlich Maler ist und später die Beatles verlässt, weiß mit Inbrunst zu erzählen, dass er die Welt anders sieht als die Kollegen.
George, klein, mit großen Augen und zitterigen Knien – er war damals erst 17 -, wird zu Recht vom Indra-Besitzer als „Bambi“ bezeichnet. Kaum zu glauben, dass Darsteller Pedro Reichert eigentlich schon 30 ist.
Und dann ist da noch Yannik Meyer als Pete am Schlagzeug. Im Hintergrund lässt er Sticks und Haare fliegen. Wow, ein Vulkan! Ringo Starr stößt erst am Ende der Hamburger Zeit zu den Jungs, hier übernimmt Joseph Reichelt nicht weniger leidenschaftlich das Ruder.
Instrumente und Verstärker aus den 60er-Jahren
Die Fotografin Astrid Kirchherr (gespielt von Uta Krüger), lebt noch heute. Sie machte die ersten Bilder der Band. Kirchherr verliebte sich damals in Stuart Sutcliffe. Die beiden blieben bis zu seinem viel zu frühen Tod ein Paar. Sutcliffe erlag am 10. April 1962 einer Hirnblutung.
Das Beatles-Ensemble trägt schwarz – eine Erinnerung an die schwarz-weißen Fotos der Band, aber auch Projektionsfläche für die eigenen Vorstellungen der Zuschauer. Der Rest hüpft in bunten Kostümen über die Bühne, irgendwie spielt jeder jeden. Dabei brilliert besonders Sebastian Prasse als Spießer Karl, Musiker Tony Sheridan und Produzent George Martin.
Die Band ist nicht nur optisch originalgetreu, sondern auch akustisch. Instrumente und Verstärker stammen aus den 60er-Jahren. Einige Songs klingen in der Altona-Version sogar besser, wie etwa „I Saw her standing there“, weil einzelne Töne im Refrain klarer ausgesungen werden. Auch ein Verdienst Jens Wredes, der die musikalische Leitung hat.
Ein Musikerpodest und ein goldener Glitzervorhang sind die Kulisse. Das Gold wandelt sich am Ende in 24 warm strahlende Scheinwerfer, die von hinten die inzwischen berühmten Beatles beleuchten. Dann auch endlich inklusive kreischender Mädels.
„Backbeat“ läuft noch bis zum 20. Dezember im Altonaer Theater, weitere Infos und Tickets gibt es hier.
Autorin: Anja-Katharina Riesterer
28. August 2014 von RedaktionKategorien: Hamburg musiziert, Kulturgenuss
Schlagworte: Altonaer Theater, Astrid Kirchherr, Backbeat, Beatles, Hamburg, John Lennon, Paul McCartney, Stuart Sutcliffe